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Neu ausgerufene Volksrepublik Donezk stellt Mitgliedsantrag für die EU

Donezk

Der Wortführer der am 07.04.14 ausgerufenen Volksrepublik Donezk, Dennis Puschilin, hat gestern überraschenderweise für sein neu gegründetes Land  einen Aufnahmeantrag für die Europäische Union gestellt. Mit keinem der 28 EU-Regierungschef habe er zuvor über seinen Beitrittswunsch gesprochen, sodass das Ergebnis nun vollkommen ungewiss ist. Er begründete den Antrag mit der zurückhaltenden Reaktion Russlands auf seine Anfrage zum Beitritt zur russischen Föderation sowie mit persönlichen Gründen, auf die er bis gestern abend noch nicht näher eingegangen war. Erst heute Morgen gab Puschilin den Medien bekannt, er sei schwul.

Seit Ende Februar tobt der Bürgerkrieg in der Ostukraine, und insbesondere in dem stark von Russen besiedelten Gebiet Donezk.  Doch auch wenn sich am Kriegszustand bisher nichts geändert hat, war vor eineinhalb Wochen noch alles anders als heute – und das, obwohl der Ausgang des am 11.05. abgehaltenen Referendums zunächst die politische Marschrichtung der neu gegründeten Republik zu bestätigen schien, nämlich die Richtung nach Russland. Die in ihrer Rechtmäßigkeit zwar umstrittene Abstimmung  brachte immerhin eine Mehrheit von 90% für eine Abspaltung von der Ukraine hervor. Und auch wenn die Angliederung an Russland zwar nicht auf den Wahlzetteln stand, machte die militäre Führung der Volksrepublik keinen Hehl daraus, auf eine solche zusteuern zu wollen. Umso enttäuschter waren die Donezker deshalb über die kühle, zurückhaltende Antwort des russischen Präsidenten Putin, der zwar das Ergebnis des Referendums respektierte, aber kein einziges Wort über die Möglichkeit eines Anschlusses der Republik an Russland verlor. “Bei der Krim wurde ganz anders geredet und auch gehandelt.” bemerkten zahlreiche Separatisten. Viele glauben nun, in der russischen Föderation überhaupt nicht willkommen zu sein.

Der gleichzeitige Blick auf die übrige Ukraine weckt inzwischen die Sehnsüchte der Bewohner der neu gegründeten Republik. Die Donezker sahen zu, wie der Staat, von dem sie sich gerade gelöst hatten,  vom Westen materiell und moralisch unterstützt wurde und dann auch noch vom IWF (im Verständnis  der Russen auch eine Organisation des Westens) eine Kredithilfe von 17 Mrd Euro erhielt. Die Vorstellung, von der russischen Föderation ähnliches erwarten zu können, schien eine Utopie für die Bewohner des Donezbeckens. Und so wurden erste Sympathiebekundungen zum Westen schon in den ersten Tagen nach dem Referendum geäußert. Puschilin sog zunächst bloß diese Stimmung in der Bevölkerung auf.

Doch auch ein persönliches Geständnis zu sich selber führte letzendlich zu dem Akt, dass Puschilin zwei Briefe – einen an den EU-Kommission in Brüssel und einen ans Europaparlament in Straßburg – schickte. Denn seit seiner Jugend fühlte sich der Rebellenführer schon mehr zu Männern als zu Frauen hingezogen. Dieses konnte er in der russisch geprägten Kultur, in der er aufwuchs, nicht ausleben, und alle Freunde sagten ihm: “Das ist doch bloß eine Phase”. Puschilin gründete zwar eine Familie, fühlte sich in der Ehe mit seiner Frau aber nicht wohl. Und sein intenisves Engagement in militärischen und paramilitärischen Kreisen führt er nun, im Rückblick, darauf zurück, dass er es dort immer fast ausschließlich mit Männern zu tun gehabt hatte. Das Eingeständnis war für ihn ein langer Weg, dessen finaler Punkt der Auftritt von Conchita Wurst bei Europäischen Song Contest (ESC) gewesen ist. “Durch ihn weiß ich nun endgültig, dass ich schwul bin”, erklärte der Separatist in einem Interview. Und hätte er die proeuropäische Strömung in der Volksrepublik nicht wahrgenommen, hätte er seine Führungsrolle wohl hingeschmissen, denn in einem schwulenfeindlichen Russland hätte er sich sein weiteres Leben nicht mehr vorstellen können.

Durch einen EU-Beitritt glaubt Puschilin, nun auch die marode Verkehrsinfrastruktur des Donezkbeckens wieder in Ordnung bringen zu können und außerdem ein paar Subventionen für dessen Kohlegruben zu bekommen. In den nächsten Tagen will er einen rigiden Sparkurs anordnen, denn für den Fall einer Aufnahme zum Euro will er sicher sein, seine Republik nicht eines Tages unter den Eurorettungsschirm sehen zu müssen. Brüssel und Straßburg haben sich den Antrag bereits angesehen, sich aber noch nicht dazu geäußert.

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