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AG Ratzeburg: “Staatenlose” vor Gericht – ein Prozessbericht

Rüdiger Klasen formally known as Rüdiger Hoffmann, Initiator, Gründer und Oberguru von “Staatenlos. info” liebt Prozesse aller Art. Deshalb wird auch wegen jedem noch so kleinen Knöllchen Widerspruch eingelegt in der Hoffnung auf eine mündliche Verhandlung. Schließlich geht es ums Prinzip – außerdem muss er ja Deutschland retten.

Letzte Woche gab es einen Prozesstermin vor dem AG Ratzeburg. es ging um ein Bußgeld wegen überhöhter Geschwindigkeit in Höhe von sage und schreibe 25 € (in Worten: fünfundzwangzig Euro).

Schon eine Woche vorher gab es in Ratzeburg einen Termin, hier hatte Rüdi Gelegenheit dem Richter alle Unterlagen zu übergeben und Rüdi war absolut guter Dinge, jetzt einen “echten Juristen” getroffen zu haben, der seinen verqueren Ansichten nicht nur folgen kann, sondern sie sogar teilt, wie er in einem Video erklärt.

Natürlich geht das Ganze jetzt in Berufung vor der “hohen Hand” in Russland. Steht ja so schon im Grundgesetz, das Mimimi-Video dazu hat er unmittelbar nach dem Termin gedreht.

Ein Undercover-Agent von SSL hatte sich auch zum Termin eingefunden. Hier sein kurzweiliger und äußerst amüsanter Bericht.

 

Die Abenteuer des SSL-Prospects

“Für eine Hand voll Dollars, äh Euros”

Vorangestelltes Zitat: “Ist das jetzt eigentlich Kabarett oder Comedy? – Es ist Zirkus. Es kommen Tiere drin vor.” (Marc Uwe Kling)

Rüdi hat dazu aufgerufen, sich sein Verfahren vor dem AG Ratzeburg anzusehen. Also fand ich mich am 7.3.2016 kurz vor halb eins am AG ein.
Die Justizwachtmeister sind darauf eingestellt, Zuschauer und Beteiligte zu filzen. Ich zeige einen Ausweis vor und werde davon verschont. Im Nachhinein würde ich das nicht nochmal machen. Das war nämlich auffällig.

Kurz nach halb kommen Rüdi und seine Putzerfische.
Er fängt sofort an Reden zu schwingen. Die AfD ist natürlich staatlich gesteuert, sie zu wählen hat keinen Sinn. Die Demo in Berlin sei aber gut. Man solle Flyer drucken lassen und dort verteilen.
Mittwoch sei noch ein Antifa-Prozess am AG Berlin Tiergarten.
Rüdis aktuelles Thema ist die Fabrik von Dr. Oetker in Wittenburg. Dort laufen angeblich 17.000 (oder 70.000 oder 700.000?) Pizzen täglich vom Band. Und das Werk soll expandieren und eine Forschungs-/Entwicklungsabteilung bekommen. Das ist natürlich alles ganz schlimm, weil es dazu dient, die Bevölkerung zu unterdrücken.
Außerdem gibt es in Deutschland zigtausende Rechtsanwälte und niemand will sich seiner Sache anschließen und Verantwortung übernehmen. Noch nicht einmal Dominik Storr. Mimimi!

Der Flur vor dem Saal füllt sich. Es ist eine wilde Mischung. Einerseits Rüdi-Supporter aber auch einige, die nicht so richtig zugeordnet werden können. Außerdem gibt es eine Gruppe hipstermäßig gekleidete Jugendliche. Geschätzt gymnasiale Oberstufe.

Um 13 Uhr geht es los. Der Zuschauerraum ist bis zum letzten Platz belegt. Es werden noch Stühle von draußen hereingetragen.

Wackeldackel sitzt mit vorne. Warum das eigentlich? Der hat da nichts zu suchen.

Vorsitzender ist der Direktor des AG Ratzeburg, Prof. Dr. Rose. Den erkläre ich hiermit offiziell zur coolen Sau! Ich habe schon viele Richter erlebt, aber der ist ganz vorne mit dabei.

Es handelt sich um einen Fortsetzungstermin. Der erste war letzte Woche Dienstag.
Vorgeworfen wird Rüdi, innerhalb geschlossener Ortschaft 12km/h zu schnell gewesen zu sein.
Wieder die Dr. Oetker-Nummer. Das scheint derzeit sein fixer Gedanke zu sein.

Der Wegelagerer vom Kreis Herzogtum Lauenburg ist als Zeuge da, wird belehrt und verlässt den Saal.

Rüdi war letzte Woche fleißig und hat jede Menge Beweisanträge gestellt.
Er will als Zeugen zur Staatlichkeit der BRD unter anderem Angela Merkel, Helmut Kohl, Michael Gorbatschow, Thomas de Maizière, den Papst, Gott, etc. vernehmen.
Der Vorsitzende lehnt diese Anträge ab. Die Staatlichkeit ergebe sich aus “allgemein bekannten Tatsachen”. Dann referiert er in knappen Sätzen die Gründung der BRD, erst im Westen, mit Schaffung des Grundgesetzes, parlamentarischer Rat, etc.
Dann Wiedervereinigung mit 2+4 usw.
Ebenso geht er auf die Gründung des Kreises Herzogtum Lauenburg ein.

Es gibt Gemurmel/Gelächter im Zuschauerraum. Der Vorsitzende droht sofort höflich aber bestimmt Ordnungsmittel an.

Das Vorbringen Rüdis gegen das OWiG wegen Verstoßes gegen das Zitiergebot wird abgelehnt, da es kein Beweisantrag sondern eine Rechtsmeinung ist. (Das wird sich noch diverse Male wiederholen!)

Zeugenvernehmung
Der Zeuge ist Angestellter des Kreises.
Am 24.6.2015 lauerte er in Lauenburg an der Elbe in der Berliner Straße mit einem mobilen Messgerät, welches sich in einem Auto befand. Geblitzt wurden Fahrzeuge, die in Richtung Boizenburg fuhren. Dort ist Tempo 30 wegen Lärmschutz. (Letzteres stimmt nur zum Teil. Lauenburg schikaniert den Durchgangsverkehr wo es nur kann. Wegen der Brücken müssen viele LKW, die Maut sparen wollen, durch Lauenburg und das ärgert natürlich die Einwohner. {Ich kenne Lauenburg gut. Während ich dies schreibe, bin ich dort}). Gleichzeitig weiß auch jeder, dass in der Berliner Straße und der Hafenstraße ständig geblitzt wird.
Der Wegelagerer war von 9:55 bis 13:18 Uhr im Einsatz. Dann hat er abgebrochen, weil jemand sein Auto zugeparkt hat, so dass er nicht mehr arbeiten konnte. Das löst große Freude bei Rüdi aus. “Das Volk wehrt sich! Es gibt Unmut in der Bevölkerung.”
Dann klappert der Vorsitzende die üblichen Blitzerknackpunkte ab. Welches Gerät, Eichung, Schulung, Software, Eich- u Siegelmarken, etc.. Alles in Ordnung. Die Messung erfolgte mit einem LEIVTEC XV3.

Rüdi ist dran mit Fragen. Er legt nochmal los mit der fiesen Unterdrückungstätigkeit des Kreisangestellten und dass sich das Volk jetzt erhebt. Der Vorsitzende greift ein, weil es nicht die Messung betrifft.
Es kommt wieder Staatenlosgeblubber. Der Vorsitzende besteht auf sachlicher Befragung des Zeugen.
Rüdi will wissen, welche Staatsangehörigkeit der Zeuge hat. Der: “Deutsch”. Der Vorsitzende meint, er lasse die Frage nicht zu, weil es keine Rolle spielt.
Rüdi: “Warum spielt das keine Rolle?”
Vors.: “Spielt für die Messung keine Rolle.”
Rüdi: “Die Messung ist völlig unerheblich. Es gibt keine Ämter mehr. Das sind alles Firmen. Und wer hat überhaupt dieses Gerät geeicht?”
Vors.: “Das war die Hessische Eichdirektion.”
Rüdi.: “Ist das ein Eichamt? Das will ich geklärt haben. Gab es eine amtliche Prüfung des Messgeräts? Ist der Zeuge Beamter?”
Zeuge: “Ich bin Tarifbeschäftigter.”
Rüdi: “Aha!”
Vors.: “Möchten Sie noch irgendwelche Fragen, die sich auf die Messung beziehen, an den Zeugen stellen?”
Von Rüdi kommt wieder Staatenlosgesabbel.

Der Zeuge wird entlassen.

Es folgt die Inaugenscheinnahme der Lichtbilder, des Messprotokolls, des Eichprotokolls, der Schulungsbescheinigung, etc.
Alles gut.

Rüdis VZR ist sauber.

Es kommt nochmal die Nummer, ob die Hessische Eichdirektion ein staatliches Amt sei. Die Schulung wird angezweifelt, weil vom Hersteller und nicht von irgendeinem Amt durchgeführt.
Das Publikum will sich zu Wort melden. Der Vorsitzende unterbindet dies freundlich, höflich aber bestimmt. Der Typ hat die Geduld eines Steins. Ich wüßte diverse Richter, die an der Stelle längst Ordnungsgelder verhängt hätten. Und einige davon duze ich.
Rüdi versucht, Beweisanträge zu stellen. Der Vorsitzende muss ihn ständig auf den Unterschied zwischen Sach- und Rechtsfragen hinweisen. Er versteht es offensichtlich nicht.
Er hält politische Vorträge. Der Vorsitzende weist ihn darauf hin, man sei in einer Beweisaufnahme.
Rüdi sagt, seine Ladung sei nicht unterschrieben gewesen. Er liest lange vor, wirft wieder alle möglichen Vorschriften und Urteile zu Unterschriften durcheinander, wärend der Vorsitzende neutral schaut, das Kinn in der Hand aufstützt, hin und wieder verstehend brummt und das alles geschehen lässt.
Dann trägt Rüdi vor, dass es sich um ein böses Geschäftsmodell handelt. Der Vorsitzende bremst dies ein. Er soll Anträge stellen und keine politischen Reden halten.
Er beantragt, zu prüfen, ob der Kreis, das AG, die BRD, etc. Firmen seien. Bei diesem Antrag handelt es sich um einen Wiederholungsantrag und ist damit unzulässig.
Rüdi fängt an, zu diskutieren.
Vors.: “Ich fasse das als Befangenheitsantrag auf. Schreiben Sie den Antrag nieder!”
Rüdi: “Ich will eine eidesstattliche Versicherung, dass Sie mein gesetzlicher Richter sind.”
Vors.: “Die werde ich Ihnen nicht geben.” (Die Nummer mit dem GVP scheint bei Rüdi noch nicht angekommen zu sein.)
Wieder der Dr. Oetker-Vortrag und dass es 97.000 Rechtsanwälte gebe und sich ihm niemand anschließt und Verantwortung übernimmt.

Rüdi zieht einen vorbereiteten Befangenheitsantrag aus der Tasche und liest ihn vor:
Er wird politisch verfolgt, Art. 139 GG, Installation ISIS in Deutschland, Privatisierung von Behörden, nichtige Wahlen, AG RZ ist Firma, Befangenheit muss vor ein Militärgericht, der übliche Unsinn.

Der Vorsitzende nimmt dies entgegen, sagt, ein Kollege werde darüber entscheiden. Bis dahin ist die Verhandlung unterbrochen. Alle raus aus dem Saal.

In der Pause sammelt sich das Publikum drinnen im Flur und draußen vor der Tür zum Rauchen.

Die Hipsterbande ist draußen. Drinnen wird spekuliert, ob und zu welcher Organistation die gehören. Antifa? SSL? JuSos? Grüne Jugend?
Rüdi stachelt die Bande auf. “Wollen wir sie fragen, zu welcher Organistation sie gehören? Ist hier vielleicht jemand vom SSL?”
Als die Gruppe reinkommt, gehen die Rüdi-Supporter auf sie los.
“Wer seid Ihr? Wo kommt Ihr her? Was macht Ihr? Zu welcher Organisation gehört Ihr? Wer bezahlt Euch?”
Die Hipster sagen, sei seien Schüler.
Bei dieser Gruppe ist auch jemand, der etwas älter ist. Geschätzt Anfang Zwanzig. Er hat eine Kladde mit Kuli. Nach eigener Aussage ist er Journalist.
Riesiges Geschrei. “Für wen dürfen Sie denn schreiben?” Geschubse, es ist kurz vor einer Schlägerei. Es wird laut. Rüdi will wissen, wer er ist, will seinen Presseausweis sehen. Der Journalist beginnt eine Diskussion. Geht auf Rüdis Haftstrafe ein. Rüdi meint, er bereue nicht. Will vom Journalisten wissen, ob er bereut, auf der falschen Seite zu sein. Will wissen, ob er zum SSL gehört. Oder die Junghipster. Das wird verneint. Das SSL scheint aber allen bekannt zu sein.
Mittlerweile beruhigen sich die Gemüter. Der Journalist verwickelt Rüdi in eine Diskussion. Die letztlich dazu führt, dass Rüdi wieder Reden schwingt. Das ist zwar nervig, aber es haut sich niemand.
Währenddessen rückt die Polizei an. Etwa 8-10 Polizisten. Und ein Diensthundeführer mit Hund. Typ: Handgranate mit Fellüberzug (Malinois). In normalen Uniformen, also nicht für Riot Control aufgerödelt. Dabei auch ein paar echt niedliche Mädels.
Alle Beteiligten werden von dem Hund fern gehalten. Man hört ihn auch im weiteren Verlauf immer wieder bellen. Warum sehen Diensthundeführer eigentlich immer so versifft aus?

Es geht weiter.
Der Vorsitzende weist darauf hin, dass er die Landespolizei zwecks Amthilfe angefordert hat. Zwei Polizisten sind mit im Zuschauerraum. Draußen wartet der Rest.
Der Befangenheitsantrag wird als verspätet zurückgewiesen.
Dagegen legt Rüdi sofortige Beschwerde ein. Die wird auch zurückgewiesen.
Jetzt möchte er einen Beweisantrag stellen und das “Gründungsprotokoll” der BRD sehen. – Zurückgewiesen, § 26 a II StPO.
Rüdi: “Sind die Einnahmen aus OWis eine feste Haushaltsposition im Landkreis?” – Zurückgewiesen, § 26 a II StPO.
“Werden die Gelder für die Installation des ISIS in Deutschland verwendet?” – Zurückgewiesen, § 26 a II StPO.
Da es sich um ein Ausnahmegericht handelt, stellt Rüdi wieder einen Befangenheitsantrag. – Zurückgewiesen, Wiederholungsantrag.
Das AG RZ ist eine Firma – Das ist eine Rechtsfrage, kommt im Urteil.
Rüdi beantragt, die Angelegenheit als konkretes Normenkontrollverfahren dem BVerfG vorzulegen. – Abgelehnt, weil Verfassungswidrigkeit dem Gericht nicht ersichtlich.
Jetzt möchte Rüdi diverse Staatsmänner vernehmen lassen, weil es einen geheimen Staatsstreich gab. – Abgelehnt, weil Wiederholungsantrag.
So geht es weiter. Unsinn folgt auf Quatsch.

Der Vorsitzende schließt die Beweisaufnahme.
Er hat immer wieder betont, dass er sich mit Rechtsfragen im Urteil befassen wird.

Es folgt das letzte Wort Rüdis.
Staatenlosgebrabbel. Es geht nur um Geld. Der Vorsitzende versucht, dass Rüdi sich um dieses Verfahren kümmert. Das stört Rüdi nicht. Die Justiz knechtet das Volk. Es gibt keine Friedensverträge. Und: Es ist alles im Fluss, Deutschland bewegt sich!

Wieder Unterbrechung zur Urteilsfindung

Urteil:
Rüdi kassiert 25 € wg. fahrlässiger Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts um 12 km/h. Außerdem hat er die Kosten zu tragen.

Natürlich murrt das Publikum bei “Im Namen des Volkes…”. Der Vorsitzende nordet daraufhin alle nochmal ein. Außerdem weist er daraufhin, dass danach bitte alle den Saal und das Gebäude friedlich zu verlassen hätten.

Auf den ganzen Staatenlosblödsinn wird im schriftlichen Urteil eingegangen werden. Der Vorsitzende trägt die Rechtsbehelfsbelehrung vor und fragt Rüdi, ob der die auch noch schriftlich haben möchte. Rüdi möchte. Da könnte sich also noch eine Instanz anschließen.
Dann sagt ihm der Vorsitzende, dass er das Urteil und Protokoll schriftlich erhalten wird. Das will Rüdi zur hohen Hand nach Moskau senden. Und der Vorsitzende wird das Protokoll der StA übergeben.

Danach sorgen die Polizeikräfte dafür, dass alle das Gebäude verlassen. Draußen auf dem Bürgersteig bilden Rüdi und seine Anhänger eine Traube und dümpeln noch etwas herum.

Der Richter hat den Eindruck hinterlassen, wirklich gut und sachlich zu argumentieren. Es dürfte daher Sinn haben, sich das Urteil für künftige Verfahren kommen zu lassen. Das Az.: AG Ratzeburg, 6 OWi 404/15.

FischkoppErich
SSL Prospect

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