Einmal mehr hat unser eidgenössisches Forenmitglied Helvetia keine Kosten und Mühen gescheut, um sich den ersten Verhandlungstag im Prozess gegen den “Staatenbund Österreich” anzuschauen und einen detaillierten Bericht anzufertigen.
Hier alle Einzelteile:
- Erste Rückmeldung
- Teil 1: Auftakt
- Teil 2: Generalien der Angeklagten
- Teil 3: Das Eröffnungsplädoyer des Staatsanwaltes, erste Hälfte
- Teil 4: Das Eröffnungsplädoyer des Staatsanwaltes, zweite Hälfte
- Teil 5: Mittagspausengespräche mit Staatenbündlern
- Teil 6: Repliken der Verteidiger von Monika Unger und Jakob Stückelschweiger
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Einmal mehr hat unser eidgenössisches Forenmitglied Helvetia keine Kosten und Mühen gescheut, um sich den ersten Verhandlungstag im Prozess gegen den “Staatenbund Österreich” anzuschauen und einen detaillierten Bericht anzufertigen.
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- Teil 2: Generalien der Angeklagten
- Teil 3: Das Eröffnungsplädoyer des Staatsanwaltes, erste Hälfte
- Teil 4: Das Eröffnungsplädoyer des Staatsanwaltes, zweite Hälfte
- Teil 5: Mittagspausengespräche mit Staatenbündlern
- Teil 6: Repliken der Verteidiger von Monika Unger und Jakob Stückelschweiger
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Erste Rückmeldung
So, ich melde mich mal mit einem Grüessli aus Graz zurück. Das Grüessli geht explizit auch an alle Staatenbund-Mitglieder, die hier laut eigener Aussage mitlesen.
Moni hat tatsächlich alle Fragen zu ihren “Generalien” (so scheint das in Österreich zu heissen”) mit einem knappen “Ja” beantwortet. Allerdings enthält obige Pressemeldung keinen Hinweis auf ihren bedauernswerten Zustand. Sie machte auf mich einen sedierten, medikamentierten Eindruck und das Wenige, was sie am heutigen Tag gesagt hat, war kaum verständlich, selbst dieses “Ja” kam zwar zügig, klang aber sehr genuschelt. Dem Prozess schien sie folgen zu können, aber es ist recht offensichtlich, dass es ihr psychisch/gesundheitlich schlecht geht.
Vom Ablauf her wurden heute zuerst die “Generalien” der Angeklagten festgestellt, anschliessend hielt der Staatsanwalt – derselbe wie beim ersten Durchlauf – sein Plädoyer. Danach konnte jeder Verteidiger einzeln eine Replik zu diesem Plädoyer zum Besten geben. Zum Abschluss machte die Richterin, Zitat, “eine Runde ‘schuldig/nicht schuldig/teilweise schuldig/weissichnicht”.
So viel fürs Erste. Die Sonne des Sonnenstaatlandes scheint warm und golden über Graz und ich geniesse im Restaurant auf dem Schlossberg einen süssen Spritzer mit Holunder wie damals vor knapp zwei Jahren. Detaillierte Berichte folgen vermutlich ab heute Abend.
Einmal mehr hat unser eidgenössisches Forenmitglied Helvetia keine Kosten und Mühen gescheut, um sich den ersten Verhandlungstag im Prozess gegen den “Staatenbund Österreich” anzuschauen und einen detaillierten Bericht anzufertigen.
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Teil 1: Auftakt
Nun steht sie also doch noch einmal vor dem Kadi, die vermeintliche legitime Regierung des souveränen und unantastbaren Völkerrechtssubjekts Staatenbund Österreich. Und zum zweiten Mal konnte ich mir dieses historische Ereignis nicht entgehen lassen, Corona hin, Maskenpflicht her und trotz einer laaaaaaaaaaaaangen Zugfahrt quer durch die Alpen (meine Flügelsandalen werden in der EU derzeit nicht als Transportmittel zugelassen. Wieder so ein typischer Erpressungsversuch im Hinblick auf die Begrenzungsinitiative).
Und einmal mehr danke ich auch der örtlichen BAR-Loge für den netten Empfang am Vorabend der grossen Prozesseröffnung! Leute, ihr seid Spitze.
So, und wo fange ich jetzt an? Am Anfang, also am Eingang des Landesgerichtes für Strafsachen in Graz? Im Vergleich zu 2018 scheint dieser ein wenig aufgerüstet zu haben; unklar, ob nur wegen Corona. Man geht jetzt gleich hinter dem Eingang durch Schleusen mit Metalldetektor, deren doppelte Türen nur die Sicherheitsleute öffnen können, und das Gepäck wird auch so à la Flughafen gescannt. Mein Händedesinfektionsmittel überlebte diesen Schritt leider nicht und wurde einbehalten
Dahinter war schon alles aufgestellt für den grossen Anlass: Eine wie am Flughafen mit Bändern abgesperrte Warteschlangengasse, bei meinem frühen Erscheinen allerdings leer, führte zum zweiten Kontrollposten, einem Tisch, wo man beim Einlass in den grossen Schwurgerichtssaal Taschen, Handys und Ähnliches abgeben musste.
Da die “Zuseher” erst kurz vor Verhandlungsbeginn in den Saal dürfen, sah ich mich noch ein wenig um, wer so alles anwesend war. Bei einer zwar adrett, aber doch irgendwie hostessenartig gekleideten Frau war ich mir nicht sicher, ob sie eine Juristin oder jemand aus dem Publikum bzw. eine Geschworene sein könnte. Eine weitere Frau, die ich aus Gründen nicht näher beschreibe, fragte mich, ob ich AUCH eine Geschworene sei. Damit sie ihre Funktion nicht auch noch anderen gegenüber so sorglos erwähnte, erzählte ich ihr von dem Prozess vor zwei Jahren, wo ein Sichtschutz aufgestellt werden musste, weil Geschworene ausserhalb des Gerichts von SBÖ-Sympathisanten aus dem Publikum belästigt worden waren.
Nach und nach trudelten weitere Prozessbeteiligte ein, Geschworene und JuristInnen, zu erkennen daran, dass sie schon vor den “Zusehern” in den Saal durften. Eine klar unjuristisch gekleidete Frau mit nicht all zu langen, jedoch zu einem strengen kurzen Pferdeschwanz gebundenen, grauen Haaren hielt sich auch länger vor dem Saal auf, wechselte ein paar Worte mit der “Hostesse” und stand dann vor mir in der Schlange, als die “Zuseher” schliesslich in den Saal durften. Wie sich später zeigte, handelte es sich bei ihr um eine der Angeklagten, nämlich Brigitte Voglmeir, die immer noch grossen Wert auf ihr “aus der Familie” legt. Die “Hostesse” stellte sich als deren Verteidigerin heraus.
Davon abgesehen, dass im Gebäude allgemein Maskenpflicht herrschte, war Corona auch am grossen Schwurgerichtssaal nicht spurlos vorübergegangen. Ein rot-weisses Plastikband (Aufschrift “Polizeiabsperrung” wie an einem Tatort) trennte hinten rechts ein Viertel der sieben Publikumsränge ab. Von den restlichen drei Vierteln waren die vier vorderen Reihen mit “Prozessparteien” beschriftet, die hinteren drei plus einige zusätzliche Stühle an der Wand mit “Besucher”. “Prozessparteien” meinte die Angeklagten, soweit sie nicht in Haft waren, sowie deren Bewährungshelfer, von denen aber anscheinend kaum einer anwesend war.
Im Vertrauen darauf, eine “Besucherin” zu sein, setzte ich mich auf einen der entsprechenden Plätze, wurde aber dann von einem Aufpasser aufgefordert, mich in den Tatort-Bereich zu begeben. Erst da bemerkte ich, dass dieser mit “Zuhörer” beschriftet war und ich anscheinend in diese Kategorie gehörte, was auch immer der Unterschied zu “Besuchern” sein mochte. Vielleicht waren “Besucher” Angehörige oder hatten sich zuvor angemeldet?
Diesmal war der Sichtschutz für die Geschworenen gleich von Anfang an vorhanden. Allmählich trudelten die AnwältInnen und der Staatsanwalt ein; Roben wurden angezogen. Im “Prozessparteien”-Bereich sammelten sich allmählich fünf männliche und fünf weibliche Entitäten; ich erkannte vom letzten Mal her Erika Eugster, die mich damals angesprochen und gefragt hatte, ob ich von Klagemauer TV sei. Auch Werner Enöckl glaubte ich zu erkennen.
Um 9:21 betrat das Richtergremium den Saal, und die Anwesenden erhoben sich. Justizbeamte führten Monika Unger (im Folgenden Moni), Jakob Stückelschweiger (im Folgenden S) und, von mir zunächst unbemerkt, auch Klaus-Jürgen Faller herein, der offenbar derzeit in Haft ist. Als alle wieder Platz nahmen, blieb Faller als einziger stehen, wie es für Reichsdeppen vor Gericht ja typisch ist.
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Teil 2: Generalien der Angeklagten
Nachdem die Richterin mit Faller kurz geklärt hat, dass dieser ruhig stehenbleiben kann, wenn er unbedingt will, beginnt sie mit der Feststellung der besagten “Generalien”: Alle Angeklagten werden aufgefordert, zu bestätigen oder zu verneinen, ob ihr Name, ihr Geburtsdatum, ihre Adresse und ihre Lebenssituation (Ausbildung, berufliche Tätigkeit, Sorgepflichten, Vermögen, Schulden) sowie ihre Vorstrafen dem Gericht korrekt bekannt seien. Ich habe sehr vieles davon aufgeschrieben, gebe hier aber bewusst nicht alles wieder. Ja, und überhaupt sollte ich noch anmerken: Ich habe den ganzen Prozesstag über so viel wie möglich so detailliert wie möglich aufgeschrieben, manchmal in wörtlichen Zitaten, bis mir die Finger schmerzten. Vielleicht werden meine Lügen, äh Berichte dadurch etwas länglich, aber dafür kann jeder, der möchte, den ganzen Prozesstag recht authentisch nachvollziehen.
Die Generalienfeststellung beginnt mit der Erstangeklagten, und das ist bekanntlich Moni. Hier zeigt sich, dass sie zwar alle Fragen sogleich beantwortet, dabei wird aber ihr schlechter gesundheitlicher Zustand offenbar. “Zugedröhnt” wäre das falsche Wort, zumal sie der Verhandlung ja doch folgen kann, aber ihr Artikulationsvermögen scheint stark beeinträchtigt, was vermutlich auf den Einfluss der Medikation wegen der bei ihr diagnostizierten paranoiden Schizophrenie zurückzuführen ist. Meistens ist die Antwort ein kaum verständliches “Ja”. Von den wenigen kurzen Antworten, die von einem “Ja” abweichen, habe ich nicht eine einzige verstanden. Ein Stück weit nimmt mir das immerhin die Frustration darüber, dass ich nicht bis Mittwoch geblieben bin; denn dann hätte wohl Monis Einvernahme begonnen, die mich sehr interessiert hätte, aber ich hätte vermutlich kaum etwas davon verstanden.
Auf die Frage nach ihrer Schulbildung sagte Moni etwas, das für mich wie “Abitur” klang, aber meines Wissens heisst das in Österreich “Matura”, und ob Moni eine solche abgelegt hat, wage ich doch zu bezweifeln.
Als Nächstes wird Jakob Stückelschweiger (S) befragt, dessen Aussagen ich ja schon 2018 einen Tag lang verfolgen durfte. Im Vergleich zu Moni antwortet er geradezu ausschweifend. Fun Fact: Sein Geburtstag ist an Halloween, nämlich am 31.10.1947. Von Beruf sei er aktuell Pensionist, also Rentner. (Hinsichtlich seiner früheren Tätigkeiten verweise ich gerne auf meinen Prozessbericht von 2018.) Nach der Höhe seiner Pension und allfälligen Schulden befragt, bemerkt er, er wisse es nicht, er sei ja seit dreieinhalb Jahren nicht zu Hause gewesen.
Nun ist Brigitte Voglmeir an der Reihe – eben die Grauhaarige mit dem Pferdeschwanz, der ich schon vor dem Saal kurz begegnet bin. Sie ist Jahrgang 1958. Sie gibt sich widerstrebend, entgegnet etwa auf die Frage nach dem Vornamen ihres Vaters “Ist das wichtig?” Auch sie sei Pensionistin; von der Schulbildung her habe sie Volksschule und Gymnasium besucht und neben einer Buchhaltungsausbildung auch verschiedene andere Ausbildungen gemacht, die sie nicht näher spezifiziert. Zu ihrem Vermögen und der Höhe ihrer Pension (Rente) meint sie: “Das geht niemanden etwas an”. Sie muss die Fragen auch nicht beantworten.
Dann wird Michael Wallner befragt. Zu ihm gibt es an dieser Stelle nichts Weltbewegendes zu schreiben.
Frau Murhamer, Jahrgang 1982, ist – wenn ich es richtig notiert habe – selbständig als Kindergartenleiterin tätig.
Josef Welser, ein älterer Herr, der auf seinem “aus der Familie” besteht, bezeichnet sich selbst als “Privatier”. Auf die Frage nach seinem Vermögen sagt er: “Ich habe genug Geld bis am Ende meines Lebens, vorausgesetzt…”, und diesen zweiten Teil habe ich wohl leider falsch verstanden, aber er klang wie: “Vorausgesetzt, ich werde morgen verrückt”.
Während zu den bisherigen Angeklagten keine Vorstrafen genannt wurden, liest die Richterin für Welser eine beeindruckende Liste vor, die u.a. Körperverletzung, fahrlässige Körperverletzung, gemeinschaftlich versuchte Nötigung, schweren Betrug und “156 / 151 StGB” enthält.
An dieser Stelle hält Voglmeir die Hand hoch, um sich zu melden, und kommt zu Wort: Sie fragt, ob die Richterin nicht “etwas unternehmen könne, was die Masken betrifft”, und schwurbelt etwas vom CO2 (das ist ja eine der bekannten Cov♥♥♥en-Theorien, dass die Masken deswegen fürchterbarlich ungesund seien). Als die Richterin sie darauf hinweist, dass sie doch selber einen “Sichtschild” trage (also eines dieser Plexiglas-Teile, bei denen sich sicher kein CO2 sammeln kann), meint sie, es gehe ihr “auch um die Geschworenen”. Die Richterin verweist aber auf die geltende Verordnung, die Masken bleiben auf. Voglmeir: “Ich hab’s versucht.”
Die Befragung geht weiter mit Hannes Fröhlich, zu dem ich nichts Erwähnenswertes notiert habe, und dann mit meiner alten Bekannten Erika Eugster. Auch sie will unbedingt eine “aus der Familie” sein. Jahrgang 1962. Sie erscheint vom Schicksal gebeutelt, musste wegen Krankheit Pension beantragen, hat jetzt ein sehr geringes Einkommen und kein Vermögen “mehr”. Eine Vorstrafe wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt von 2015 wird erwähnt.
Nun wird Werner Enöckl befragt, Jahrgang 1964. An dieser Stelle wird nicht viel Interessantes über ihn gesagt; die Informationen sind im Wesentlichen auch bereits in der Sendung “Am Schauplatz” enthalten, in welcher er ein Interview gegeben hat.
Es folgt Andreas Trautmann, von der Ausbildung her Maschinenbauer und einst selbständig. Er gibt unter anderem an, zu Hause seinen psychisch kranken Sohn zu pflegen.
Dann wird Christine Kreidl befragt, eine relativ jung aussehende Frau, von Beruf Einzelhandelskauffrau.
Karlheinz Klima, Jahrgang 1969, trägt die am modernsten wirkende Maske im Raum. Unter anderem sei er diplomierter Masseur und gelernter Grosshandelskaufmann, derzeit jedoch ohne Beschäftigung. Als die Richterin schon weitermachen will, meldet er sich per Handhochheben und legt Wert darauf, dass er derzeit das Projekt einer “Privatinitiative als Verein” betreibe, den er als “Humanaktion-Initiative für lokale …(?) und Familien” bezeichnet (hier ging es mir zu schnell, ich konnte den Namen nicht komplett notieren). Die Richterin liest daraufhin einen anderen, noch verschwurbelter klingenden Vereinsnamen vor und erkundigt sich, ob es sich um dasselbe Projekt handle, was Klima bestätigt. Klima ist dem Vernehmen nach trotz einer schwierigen finanziellen Situation dabei, schuldenfrei zu werden.
Als furioses Finale soll nun Klaus Jürgen Faller befragt werden. Er fällt schon rein optisch auf mit seinem Ziegenbart und den tätowierten Armen. Seine Maske hängt schon die ganze Zeit lose vom Hals in Richtung Brust herunter. “Klaus Jürgen Faller, richtig?” beginnt die Richterin, und der Angesprochene kommt sogleich in Fahrt: “Nicht richtig! Das wissen’s eh genau!” Und er beginnt mit einem typischen Reichsdeppen-Blabla, “die Person hat der Herr Staatsanwalt am 20.04.2017 in Beschlag genommen, seither hab ich die Person nicht mehr”. Ausserdem sei seine Verhandlung schon im Juli “vorgezogen” worden – er scheint auf eine andere Verhandlung mit derselben Richterin Bezug zu nehmen und ist überzeugt, dass das Ergebnis der gegenwärtigen Verhandlung daher auch schon feststehe.
“Wollen Sie an der Feststellung Ihrer Generalien mitwirken?” fragt die Richterin mit leichtem Augenrollen, von Faller kommt aber sogleich noch mehr Ausbreitung seines Gedankengutes und Klagen über seine “widerrechtliche” Verhaftung. Er hält ein Papier hoch, das ihm vom Gericht zugestellt worden sei, und behauptet, das sei eine Einstellungsverständigung, die er – wenn es denn tatsächlich eine solche ist, was ich nicht sehen konnte – augenscheinlich auf das gegenwärtige Verfahren beziehen will. Das Papier hält er vor den Geschworenen hoch, “damit diese wissen, was hier gespielt wird!”
Die Richterin erinnert daran, dies sei eine Gerichtsverhandlung und kein Kasperltheater, und droht Faller mit Rausschmiss. Schlussendlich bleibt er im Raum, aber mit der Feststellung seiner Generalien wird es wohl heute nichts.
Nun soll noch sichergestellt werden, dass Angeklagte und Geschworene einander alle sehen können trotz des Sichtschutzes. Faller ruft sofort drein: “Nein, sie sind maskiert!”
Für Stückelschweiger ist das nun auch das Zeichen, sich mit Geschwurbel zu melden. Er “beantrage, dass die Geschworenen ihre Masken abnehmen, allein schon deswegen, weil es keinen elektronenmikroskopischen Nachweis” des Coronavirus gebe. Das Virus existiere gar nicht! Und schon hat sich der nächste Cov♥♥♥ unter den Angeklagten zu erkennen gegeben. Anscheinend hat S im Häfn einen Internetanschluss, der ihm nicht gut tut…
Vom inexistenten Coronavirus schlägt S irgendwie die Brücke, um seinen schon von 2018 bekannten Spruch aufzusagen: “Alles, was ich hier tue, geschieht unter Zwang und Nötigung”.
“Schwere Nötigung!”, pflichtet Faller sofort bei.
Anschliessend werden noch die Geschworenen vereidigt. Dazu stehen im Saal alle auf, bis auf Faller, der ja schon stand und sich jetzt demonstrativ hinsetzt, um dann aufzustehen, als die anderen wieder Platz nehmen.
Während alle stehen, bemerke ich übrigens, wie hünenhaft die vermummten Justizbeamten sind, die zu beiden Seiten des auch recht grossgewachsenen S stehen. Die Beamtinnen, die Moni flankieren, sind demgegenüber fast so klein wie Moni selbst. Der Justizbeamte rechts von S ist fast zwei Köpfe grösser als die benachbarte Justizbeamtin links von Moni. (Vielleicht sollte ich noch anmerken, dass die drei inhaftierten Angeklagten – Moni, S und Faller – mit ihren Bewachern vorne auf den Stühlen sitzen, auf denen 2018 sämtliche Angeklagten sassen.)
Das Gericht verordnet nun eine sehr kurze Pause, in der es anscheinend tatsächlich kurz über S’ “Antrag” berät. Um 10:07 geht es weiter; die Richterin nuschelt etwas und wird zu Recht von den Angeklagten darauf hingewiesen, dass sie bitte lauter sprechen soll. “Beschluss auf Abweisung des Antrags” artikuliert sie schliesslich überdeutlich. Faller spinnt nochmals kurz rein, wird aber wieder mit Wegweisung bedroht. Enöckl merkt noch an, die Verordnung betreffend die Masken gelte seiner Meinung nach hier nicht, was die Richterin mit einem knappen “Meiner Meinung nach aber schon” quittiert.
Als Nächstes soll das Plädoyer des Staatsanwaltes folgen.
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Teil 3: Das Eröffnungsplädoyer des Staatsanwaltes, erste Hälfte
Es ist derselbe Staatsanwalt wie im ersten Verfahrensgang vor knapp zwei Jahren, wobei im Verlaufe des Tages zu erfahren ist, dass er mittlerweile Oberstaatsanwalt sei und in einen anderen Aufgabenbereich, nämlich Korruption und Wirtschaftskriminalität, gewechselt habe. Dennoch habe er dieses grosse Staatsverweigerer-Verfahren niemand anderem zumuten wollen und ziehe es noch bis zum Ende durch.
In seinem Plädoyer wendet er sich insbesondere an die Geschworenen, was logisch ist, da diese am Ende entscheiden. Ausserdem sind es neue Geschworene, sie müssen erst über ihre Aufgabe instruiert werden. Deshalb erklärt ihnen der StA zunächst den gesetzlichen Hintergrund des Geschworenenprozesses in Österreich und – mit einer Fussballmetapher, die ich nicht niedergeschrieben habe, die aber später Kritik von den Verteidigern erfährt – den Ablauf des Verfahrens, für welches zunächst etwa vier Wochen, 19 ganze Tage, angesetzt seien.
Nun kommt er zum Thema Staatenbund Österreich (im Folgenden SBÖ), den er gleich von Anfang an dezidiert als “staatsfeindliche Verbindung” bezeichnet. Es gebe verschiedene angeklagte Charaktere in diesem Prozess. Die meisten seien mittlerweile “durch das Haftübel schon teilweise geläutert” und hätten sich dem Rechtsstaat wieder zugewandt. Andere seien trotz Haftübel noch immer felsenfest vom Staatsverweigerer-Gedankengut überzeugt, bestünden immer noch auf ihrem “aus der Familie”, so – wie eben gesehen – Welser, Eugster und Faller. Daher sei der SBÖ immer noch ein aktuelles Problem. Die Geschworenen sollten sich unbedingt ein eigenes Bild machen, und zwar nicht davon, was heute ist, sondern was zur Zeit der inkriminierten Taten war. Die Beweislage dafür, was sie geplant hätten, wie sie das gemacht hätten, wie sie gedacht hätten, sei “erdrückend”; es gebe viele durch den Angeklagten Fröhlich aufgenommene Tonbänder von Besprechungen und auch Videos.
An diesem Punkt stellt sich der StA den Geschworenen noch mit Namen vor. In den vergangenen Jahren habe er die Aufgabe gehabt, allerlei extremistische Strömungen zu bearbeiten, von Neonazis bis Islamisten. 2016 wurde er mit den Ermittlungen in Sachen SBÖ betraut und habe damals noch keinerlei Ahnung von dieser Materie gehabt. Der SBÖ sei die mit Abstand grösste staatsfeindliche Verbindung, die bisher in Österreich existiert habe; zu seinen Glanzzeiten habe er um die 3000 Mitglieder gezählt. Kernthema sei nicht etwa Liebe und Frieden gewesen, sondern die Bekämpfung des angeblich betrügerischen und ausbeuterischen Staates und von dessen Beamten, die laut SBÖ angeblich genau gewusst hätten, was für “Verbrechen” sie begingen.
Hier erklärt der StA noch kurz seinen Werdegang. StA wird man in Österreich nach einer Richterausbildung und er habe sich nach der Richteramtsprüfung für dieses Amt entschieden.
Die Anklage gegen die SBÖ-Führung umfasse etwa 400 Seiten, “das wäre auch kürzer gegangen”, aber der StA wollte, dass die Geschworenen eine gute Dokumentation als Arbeitsgrundlage haben. Ausserdem sollen die Geschworenen unbedingt von ihrem Fragerecht Gebrauch machen: “Sie werden je nachdem ganz neue Erkenntnisse darüber haben, was ein Mensch alles glauben und vertreten kann”, sagt er im Wissen um die skurrilen Inhalte der SBÖ-Ideologie.
Als nächstes stellt der StA klar, dass er nicht nur das Belastende vorbringen, sondern auch das Entlastende dagegen abwägen müsse. Als Beispiel nennt er das (erste) psychiatrische Gutachten über S, aufgrund dessen er damals den Antrag auf Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Straftäter zurückgezogen hatte. Daran kann ich mich noch erinnern, da ich gerade an dem Tag anwesend war. Ein ähnliches Beispiel bringt der StA bezüglich des Angeklagten Trautmann, da dieser, wie er selbst während des damaligen Verfahrens einbrachte, nie im “Landbuch” (dem fiktiven Grundbuch des SBÖ) unterschrieben habe, was ihn vom entsprechenden Vorwurf entlastet habe.
S meldet sich wieder durch Handhochheben, worauf ihn die Richterin fragt, ob er auf die Toilette müsse. Das muss S offensichtlich nicht, sondern beginnt etwas anderes zu faseln – ich glaube, es sollte ein Protest gegen die schröcklichen Lügen des StA werden. Die Richterin unterbindet dies aber: “Lassen’s den Staatsanwalt jetzt sprechen!”
Nun kommt der StA darauf zu sprechen, ob der SBÖ eine staatsfeindliche Verbindung sei; denn soweit ich sehe, sind sämtliche Angeklagten eines Vergehens nach §246 StGB angeklagt. Von der versuchten Bestimmung zum Hochverrat wurden hingegen bis auf Moni und S im ersten Verfahrensgang alle Beschuldigten freigesprochen, diese Urteile sind mittlerweile rechtskräftig. Wegen dieses Vorwurfs müssen sich also nur noch Moni und S verantworten.
Der StA sagt, die Frage, ob der SBÖ eine staatsfeindliche Verbindung sei, stelle sich in diesem Verfahren gar nicht, da sie schon in anderen Verfahren von Obergerichten bestätigt worden sei. (Gemeint ist vermutlich, dass nicht der SBÖ an sich, sondern das Verhältnis der Angeklagten zu diesem beurteilt werden müsse, so zumindest mein Interpretationsversuch).
Aufgabe der Geschworenen sei es lediglich, die Frage zu beurteilen: Was haben die Staatenbündler getan, was haben sie damit gewollt?
Nun gibt der StA einen Überblick über die Tathandlungen von Moni und S, was den Hochverratsvorwurf betrifft. Moni sei immer mehr unter Druck geraten, Erfolge gegen die Verbrecher von der Firma Republik Österreich vorzuweisen, und dies habe zu folgenden Aktionen geführt:
14.10.2015 (vor der Gründung des SBÖ, der erst am 26.10.2015 ausgerufen wurde!): Im Zuge der Migrationskrise, die von Moni &Co. als Gefahr wahrgenommen wurde, sollte das Bundesheer die Grenzen schliessen.
04.11.2015 Hilfsgesuch des SBÖ (beteiligt Moni, S, Voglmeir u.a.) ans Bundesheer, dieses solle den SBÖ vor der bösen Staatsmacht beschützen. Ein zuständiger Offizier habe mit den Deppen ein Gespräch geführt und habe – rückblickend betrachtet – den Fehler begangen, Moni seine Visitenkarte in die Hand zu drücken. In der Folge habe er dann laufend Mails, SMS und Anrufe von Moni bekommen, wenn einer ihrer Anghänger zwangsgeräumt oder sonstwie von der Firma Republik Österreich behelligt wurde. Diese Zuschriften und Anrufe mit der Bitte um Einschreiten des Militärs erfolgten an mehreren Daten.
Als diese Versuche nicht von Erfolg gekrönt waren und der Druck seitens der SBÖ-Mitgliederbasis auf Moni zunahm, habe man sich überlegt: Man müsse Putin dazu bringen, in Österreich einzumarschieren und den SBÖ an die Macht zu bringen. In diesem Kontext bezeichnete der StA den S als “Putin-affin”, was später von S’ Verteidigerin kritisiert und in Abrede gestellt wurde.
Als dieses Unterfangen “überraschenderweise doch nicht funktioniert” habe, seien die Mitglieder des SBÖ unzufrieden geworden. Moni habe ihnen ja eingeredet, keine Kreditraten etc. mehr zu bezahlen, was dann natürlich zu Exekutionsverfahren geführt habe, auf welche die SBÖ-Mitglieder mit Drohschreiben an Beamte, Gerichtsvollzieher etc. reagiert hätten. Der Druck auf Moni wuchs im selben Masse wie der Unmut bei der Mitgliederbasis.
Im Sommer 2016 schliesslich habe Moni erstmals “Haftbefehle” ausgestellt, damals insgesamt 17, und habe diese zusammen mit S dem Militär übergeben. Die beiden hätten zwei Stunden lang mit einem Offizier diskutiert. Dieser habe sie reden lassen, um die Gefahr einzuschätzen, und sei zu dem Schluss gekommen, dass das gefährliche Überzeugungstäter seien, die den Mist, den sie verzapften, wirklich glaubten. Nach diesem Gespräch seien Moni und S ganz stolz und euphorisch gewesen und hätten weitere (insgesamt 27) “Haftbefehle” geschrieben, die diesmal auch Regierungsmitglieder von Bund und Ländern betrafen. Dann wollten sie nochmals zur Kaserne, hatten aber dort inzwischen Kasernenverbot. Das habe sie zwar ein wenig verwirrt, doch sie hätten wohl gedacht, das sei jetzt einfach ein plumper Versuch der Firma Republik Österreich, zurückzuschlagen. Die Haftbefehle hätten sie dann dort abgegeben und den SBÖ-Mitgliedern anschliessend versichert, bald werde sich die Lage zu ihren Gunsten ändern. Dadurch habe sich beispielsweise der Angeklagte Wallner auch zum Verfassen eigener Briefe ermutigt gefühlt.
Alexander Resch wiederum sei einmal in eine Autokontrolle geraten und habe den SBÖ dazu bringen wollen, dass die Militärpolizei kommt und die Wortmarke von seinem Auto vertreibt.
Im Dezember 2016 nahm der Druck der Basis weiter zu.
Am 10.12.2016 schrieb Moni daher einen Brief ans Militär, dieses mache sich mitschuldig, wenn die Haftbefehle nicht ausgeführt würden.
Anfang 2017 sollten dann alle Präsidenten einzelner “Staaten” des SBÖ gemeinsam so ein Schreiben ans Militär unterzeichnen. Es gebe eine dreistündige Aufzeichnung der diesbezüglichen Besprechung, und am Ende hätten sie alle unterschrieben (dies war auch der Grund, warum im ersten Verfahrensgang auch die anderen PräsidentInnen der versuchten Bestimmung zum Hochverrat angeklagt waren).
Der Grund: Moni wollte Geschlossenheit symbolisieren, damit das Militär nicht etwa denkt, sie handle ganz allein.
Kurz darauf entstanden 47 neue “Haftbefehle”.
Daraufhin sollte wegen des zunehmenden Drucks “eine eigene Gerichtsbarkeit aufgemacht” werden. StA: “Diese Selbstjustiz war so geregelt, dass sie ein Gericht abhalten wollten.” Sie wollten über Bankangestellte, Gerichtsvollzieher etc. zu Gericht sitzen. Erstmals hätte dies am 21.04.2017 stattfinden sollen (“Prozess” gegen die Beteiligten an der Zwangsräumung des Hauses von Gerhard Url). Moni habe Faller und Klima als “Gerichtsboten” eingesetzt, die das Militär um die Verhaftung zumindest der 12 “Angeklagten” bitten sollten. Zugleich wurden die beiden aber auch zu diesen “Angeklagten” selbst geschickt, um Ladungen zur Verhandlung abzugeben. Klima sei “zwar von der Natur her nicht der grosse Schlägertyp”, habe aber eine Waffe zu Hause. Man könne sich also vorstellen, dass da schon etwas hätte passieren können. Der SBÖ, das seien zur besten Zeit etwa 3000 Leute gewesen, manche von ihnen bewaffnet.
Die beschriebenen Vorgänge führten dann zu der berühmten Razzia am 20.04.2017 (dem Ereignis, bei welchem zum Beispiel Fallers “Person” vom StA beschlagnahmt wurde
Laut StA ist das Schreiben und Übermitteln all der Briefe bereits rechtskräftig festgestellt, da zum Anklagepunkt “Nötigung der Regierung” schon Urteile gefällt und bestätigt worden seien. Davon könnten die Geschworenen also einfach ausgehen.
Zur Veranschaulichung dessen, dass eine einzelne Tat zur Anklage wegen mehr als einem Verbrechen führen kann, so wie hier “Nötigung der Regierung” neben “Versuchter Bestimmung zum Hochverrat”, bringt der StA nun ein fiktives Beispiel, für das er von den VerteidigerInnen noch viel Kritik wird einstecken müssen: “Angenommen, die Frau Unger und der Herr Stückelschweiger planen einen Mord an Herrn Staat und Frau Regierung” …
Bei dem Begriff “Mord” äussern die Angeklagten ihren Unmut, einige rufen “Wahnsinn!”, … und ich muss sagen, ich kann es durchaus verstehen, da dieses Verfahren nichts mit irgendeinem Mordvorwurf zu tun hat. Der StA hat das natürlich als blosses Anschauungsbeispiel gekennzeichnet, dennoch werden die Angeklagten dadurch in die Nähe von Taten gerückt, die ihnen so nie vorgeworfen wurden. Man hätte gewiss auch ein anderes Beispiel finden können.
Jedenfalls sei die Frage, die sich die Geschworenen stellen müssten: Was haben Moni und S mit ihren Aktionen, die schon zur Verurteilung wegen Nötigung einer Regierung geführt haben, noch gewollt (ausser “nur” die Regierung verhaften zu lassen)? Wollten sie damit die Verfassung bzw. Regierung ändern bzw. einen staatlichen Umsturz herbeiführen? Dann wäre es Hochverrat.
An diesem Punkt gibt es fünf Minuten Pause.
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Teil 4: Das Eröffnungsplädoyer des Staatsanwaltes, zweite Hälfte
In der kurzen Pause blieb ich im Saal, froh, eine Weile stehen zu können. Man braucht ja doch einiges Sitzfleisch in so einer Verhandlung. Vielleicht sollte ich hier noch erwähnen, dass ich natürlich meine sonnenstaatländische Galauniform (die pechschwarze Ausführung, nicht die pinkfabene) trug, auf der vorne gut sichtbar unser Staatswappen prangt. Wahrscheinlich war dieses weithin sichtbar, während ich da stand, und überdies prangt dasselbe Wappen auch auf jeder Seite meines Notizblocks. Nach meinen Erfahrungen mit Erika Eugster im letzten Prozess ging ich allerdings nicht davon aus, dass dieses Wappen von den SBÖlern überhaupt erkannt werden würde.
Um 11:15 geht die Verhandlung weiter. Als die Richter den Saal betreten und sich sonst alle erheben, bleibt neben Faller diesmal auch S sitzen. Er hat wohl für heute beschlossen, den Firmenvertretern keinen unnötigen Respekt mehr zu erweisen.
Der StA stellt noch einmal klar, dass seine Mordplanungsgeschichte eben nur ein Beispiel war und dass Moni und S niemanden umbringen wollten. Möglicherweise wurde er bereits während der Pause hinter den Kulissen für dieses Beispiel kritisiert.
Dann setzt der StA seine Ausführungen fort: Im ersten Verfahrensgang sei Moni noch komplett in ihrer eigenen Welt gewesen. Ihr Verteidiger habe wie ein Löwe für einen Freispruch gekämpft: Das sei ja vom SBÖ alles nicht ernst gemeint gewesen, auf den Briefen seien ja immer lustige Herzerl drauf gewesen usw. Moni habe diese Strategie allerdings untergraben, indem sie betont habe, ihr SBÖ sei doch kein Kasperltheater gewesen. Man sei jetzt gespannt, wie sie sich diesmal einbringe.
Neben dem Hochverrat (§242 StGB), der jetzt nur noch Moni und S betrifft, sei das zweite Thema dieser Verhandlung die staatsfeindliche Verbindung (§246 StGB). Wegen eines möglichen Deliktes im Sinne von §246 müssen sich sämtliche Angeklagten noch einmal verantworten.
Alle Angeklagten ausser Faller hätten der Führungsspitze des SBÖ angehört. Den Faller bezeichnet der StA an dieser Stelle als “Mann fürs Grobe, der sich hier immer wieder in Szene setzt”. Faller habe auch nach der Verhaftung der SBÖ-Führung mit der Reichsdepperei weitergemacht und sei erst später verhaftet worden.
Hier setzt der StA den SBÖ in den Kontext von Reichsbürgern, Freemen, OPPT etc. (ohne wirklich auf diese Gruppierungen eingehen zu können); jedenfalls habe Moni dieses Gedankengut nicht selbst erfunden. Um den Geschworenen sozusagen einen Crashkurs in Reichsdeppologie zu erteilen, lässt der StA nun das Video “Der Strohmann” abspielen, das aus der angelsächsischen Sovereign-Citizen-Szene stammt. Die Geschworenen würden dann verstehen, was Faller vorhin meinte, als er sagte, seine Person sei nicht anwesend. Ich kenne das Video schon länger und habe daher Zeit, statt dessen die Reaktionen der Angeklagten zu beobachten: Insbesondere der immer noch stehende Faller nickt immer wieder zu den Aussagen des Films, auch in Richtung der Angeklagten hinter ihm, von denen einige das Nicken erwidern. Am Ende des Videos klatscht Faller. Der StA ist geradezu dankbar für dieses Anschauungsbeispiel reichsdeppischer Verblendung und weist die Geschworenen darauf hin: “Der Herr Faller stimmt dem zu!”.
Aufgrund dieser staatsfeindlichen Ideologie habe Moni ihren Anhängern weisgemacht, nichts mehr zu bezahlen, fährt der StA fort. Wenn zum Beispiel ein SBÖ-Depp einen Autounfall gebaut und Schaden verursacht habe, dann seien der Anwalt bzw. das Gericht, das die Schadenersatzforderungen anderer gegen den verursachenden Deppen durchgesetzt habe, aus SBÖ-Sicht die Bösen gewesen.
Der StA erklärt nun ganz kurz, weshalb das Urteil aus dem ersten Prozess teilweise aufgehoben wurde und der Prozess wiederholt wird: Die Fragen an die Geschworenen am Ende des Prozesses seien nicht konkret genug gewesen.
Dann beschreibt er die Verteidigungsstrategien, welche die AnwältInnen für jeden Angeklagten vor 2 Jahren angewandt hätten bzw. heute wahrscheinlich anwenden würden, und versucht diesen Punkten bereits vorsorglich zu widersprechen:
Bei Moni habe die Verteidigung damals nicht viel bewegen können, da sie zwar geständig, aber nicht reumütig war, im Sinne von: “Natürlich war das kein Spass, ich bin die Präsidentin, ich stehe über dem österreichischen Gesetz”.
Nun liest der StA aus einer Pressemitteilung des OGH vor, um klarzustellen, dass der OGH in den Aktivitäten des SBÖ keinen absolut untauglichen Versuch (§15 Abs. 3 StGB) gesehen habe, wie die Verteidigung wahrscheinlich versuchen würde zu argumentieren, sondern dass der OGH nur die Formulierung der Fragen an die Geschworenen beanstandet habe.
Die Verteidiger von Moni und S würden sicher auch argumentieren, Hochverrat sei zu hoch angesetzt, die Strafhöhe sei viel zu hoch mit einem unteren Strafrahmen von 10 Jahren, da der SBÖ gar keine ernstzunehmende Gefahr dargestellt habe. Demgegenüber stellt der StA klar, man müsse sich penibel an die Gesetze halten, der Strafrahmen sei eben nun mal so. Das sei die Gesetzgebung in einem Rechtsstaat. (Zwischenruf von Faller: “Rechts, wohlgemerkt Rechtsstaat”). Dies sei das genaue Gegenteil dessen, was Moni mit ihrem “Völkerrecht-Gericht” wollte.
Des weiteren würden S und dessen Verteidigerin behaupten, S sei nur Monis Bodyguard gewesen (ja, das kennen wir noch von 2018). Doch es gebe zahlreiche Aufnahmen, die beweisen würden, dass er Mitanführer und Monis rechte Hand war.
Nun zu Voglmeir: Diese sei bereits wegen schweren Betrugs verurteilt. In der Haft habe sie ursprünglich mitgewirkt. Sie sei die Buchhalterin des SBÖ gewesen und habe ihre Unterlagen zunächst bereitwillig der Polizei erklärt, wurde dann enthaftet, sei aber anschliessend mit Faller zusammengekommen (nein, das will man sich nicht vorstellen
Hier hat Faller wieder einen seiner Solo-Auftritte als Klassenclown (den Wortlaut konnte ich nicht notieren). Diesmal wird er vom StA gemassregelt: “Herr Faller, könnten Sie jetzt bitte den Mund halten? Ich höre Ihnen dann einmal genug zu.”
Zu Wallner: Dieser wurde rechtskräftig wegen Betrugs verurteilt, was er nicht einsehen wollte. Er wollte auch kein führendes SBÖ-Mitglied gewesen sein, sondern nur “Sekretär”. Ein weiterer Anklagepunkt gegen ihn war, dass er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Murhamer das “Landbuch”, den Grundbuchverschnitt des SBÖ, geführt. Wegen Drohschreiben sei er ebenfalls schon rechtskräftig verurteilt. Wallner sei Diplom-Ingenieur und ein Beispiel dafür, dass Bildung nicht vor solchem Gedankengut schütze. In der Haftprüfung habe er dem StA erklären wollen, was das österreichische Recht kann bzw. nicht kann. Mittlerweile sei er auf gutem Weg (wie auch Murhamer); damals vor zwei Jahren sei er jedoch einer der ideologisch am meisten Gefestigten gewesen.
Murhamer sei über Wallner zum SBÖ gekommen und “sein Anhängsel”. Damals habe die Haftrichterin ein psychologisches Gutachten verordnet, weil sie sich am Haftprüfungstermin “aufgeführt” habe wie sonst niemand.
Die Strategie ihrer Verteidigung bestehe darin, dass der SBÖ ja nur ein “Verein” gewesen sei, keine staatsfeindliche Verbindung. Zudem habe sie geglaubt, dass Moni alles dürfe, weil Moni dies an der berühmten Einstellungsverständigung von 2016 festgemacht habe. Um dieses Dokument ging es schon im ersten Verfahrensgang, als ich anwesend war, doch heute erzählt der StA in einem Exkurs mehr darüber: Der Verfassungsschutz habe den SBÖ bereits beobachtet, am 26.10.2015 auf dem Hauptplatz in Graz der “Staat Steiermark” gegründet worden sei. Damals habe man geprüft, was das sein könnte, wenn sich ein paar Spinner auf den Platz stellen und sagen: “Wir sind jetzt der Staat Steiermark”. Der StA sei damals auch schon dabei gewesen. Man habe staatsfeindliche Verbindung und Hochverrat geprüft, jedoch seien damals diese Tatbestände noch nicht erfüllt gewesen; und ein Paragraph namens “Aufruf zum Ungehorsam gegen die Gesetze” sei schon Anfang 2015 aufgehoben worden. Deshalb sei dann eine Einstellungsverständigung an Moni geschickt worden. Darin sei jeweils vermerkt, dass die Empfängerin das Recht habe, die Begründung des eingestellten Verfahrens zu erfragen, also, weswegen ermittelt wurde. Dieses Recht habe Moni aber niemals in Anspruch genommen. Das Schreiben sei von Februar 2016, damals habe es noch keine Haftbefehle, Drohschreiben, Betrug usw.; Moni habe das Dokument aber dann als “Freifahrtschein” verwendet. Dies vergleicht der StA mit einem IS-Fall in Wien. (Faller versucht sich hier zu melden, wird aber ignoriert; vermutlich will er wieder seine eigene Einstellungsverständigung vorzeigen. Schliesslich ruft er drein und wird von der Richterin gestoppt.)
Der Angeklagte Welser war Präsident des “Staates Oberösterreich”. Seine Verteidigungslinie: Er sei nur auf dem Papier Präsident gewesen, in Wirklichkeit habe er nur zugehört und die anderen hätten alles gemacht. Auch er wurde schon wegen Betrugs rechtskräftig verurteilt. Der “Staat Oberösterreich” sei ausserordentlich gut organisiert gewesen und habe nach Welsers Verhaftung sogar ohne ihn weitergemacht, bis die Übriggebliebenen im Juni 2017 in einer “zweiten Welle” verhaftet wurden.
Den Angeklagten Fröhlich bezeichnet der StA als einen “der engsten Vertrauten” von Moni. Er sei gemeinsam mit ihr auf “Reichsbürgerseminaren” gewesen. Seine Verteidigungslinie: Den SBÖ habe er zwar schon ernst genommen, die Sache mit dem Militär aber nicht. Er habe Moni als technischer Experte bei ihren Präsentationen in ganz Österreich geholfen. Seinen Beruf habe er auf 20 Wochenstunden “zurückgeschraubt”, um mehr Zeit für den SBÖ zu haben.
Nun zu Eugster, der einstigen vermeintlichen Präsidentin des “Staates Vorarlberg”. Sie sei tatsachengeständig, habe sich als “grösste Dienerin” gesehen und nur Gutes tun wollen. Das könne doch nicht strafbar sein! Eugster sei wegen Betruges und Drohschreiben rechtskräftig verurteilt.
Zu Enöckl: Er habe sich schuldig bekannt, der Anführer des “Staates Niederösterreich” gewesen zu sein und habe eingesehen, dass dies nicht in Ordnung war. Er sei wegen Betrugs verurteilt worden. Gemäss seiner Verteidigungsstrategie habe er nie Gewalt anwenden wollen; laut StA sei das aber absurd: Bei ihm seien Aufzeichnungen darüber gefunden worden, was konkret passieren müsse, wenn das Militär dann komme. Skizziert würden in diesem Dokument vom November 2016 etwa die Gleichschaltung des Militärs und die Übernahme der Medien. Vor dem geplanten “Völkerrecht-Gericht” habe er mit Moni telefoniert und es gut gefunden, dass “die” nun alle verhaftet würden.
(Zur Erinnerung: Die Telefonate führender Staatenbündler wurden damals abgehört.)
Die Verteidigungsstrategie des Angeklagten Trautmann gleiche derjenigen von Welser: Er sei nur auf dem Papier Präsident des “Staates Salzburg” gewesen, in Wirklichkeit sei es ihm um Biertrinken und gemeinschaftliche Anlässe gegangen. Beim Unterzeichnen des gemeinsamen Schreibens aller Präsidenten ans Militär sei er als starker Raucher gerade irgendwie high gewesen und habe die bedeutung nicht erfassen können. Dazu meint der StA: Die Salzburger wären beim SBÖ nie akzeptiert worden, wenn sie nicht die gleichen Ansichten vertreten hätten.
Kreidl sei “de facto”, jedoch nie formell, die Präsidentin des “Staates Tirol” gewesen. Sie stehe dazu, was sie getan habe, wolle aber nur Teil einer Gruppe gewesen sein, die gemeinschaftlich gehandelt habe. Bereits verurteilt sei sie wegen Betrugs.
Klima sei insofern geständig, als er mitgemacht habe, wolle aber nicht führend mitgemacht haben. Er sei Teil des Einschreibe-Teams für neue Mitglieder gewesen sowie, gemeinsam mit Faller, der “Mann fürs Grobe”, nämlich Gerichtsbote. Die SBÖ-Spitze habe sich nach der Zustellung der Haftbefehle und “Vorladungen” durch Klima und Faller darüber lustig gemacht, wie sehr die Geladenen gezittert und Angst gehabt hätten. (Ich vermute fast, dass der StA diese Aussage nicht auf das hier verlinkte Video, sondern auf eine nicht öffentlich zugängliche Aufzeichnung stützt; jedoch gibt dieses Video vielleicht einen kleinen Eindruck davon). Auch Klima sei wegen Betrugs verurteilt worden.
An dieser Stelle quatscht S drein, wird aber abgewürgt.
Der Angeklagte Faller schliesslich gehöre nicht zur Führungsebene des SBÖ, habe aber wesentlich mitgewirkt, obwohl er erst Anfang 2017 dazugekommen sei. Er sei wegen Drohschreiben und wegen seines Einsatzes als Gerichtsbote bereits verurteilt.
Faller sei immer noch in der Ideologie des SBÖ gefangen, so sehr, dass er in der Haft seine Mithäftlinge überredet habe, Drohschreiben zu verschicken, die er für sie als “Botschafter Menschenrecht” geschrieben habe. Nach wie vor glaube er, dass er das dürfe.
Der StA beendet seinen Vortrag mit einem Lob an die VerteidigerInnen, die er als “Superjuristen” bezeichnet.
Nun soll es eine Mittagspause bis 13 Uhr geben.
Einmal mehr hat unser eidgenössisches Forenmitglied Helvetia keine Kosten und Mühen gescheut, um sich den ersten Verhandlungstag im Prozess gegen den “Staatenbund Österreich” anzuschauen und einen detaillierten Bericht anzufertigen.
Hier alle Einzelteile:
- Erste Rückmeldung
- Teil 1: Auftakt
- Teil 2: Generalien der Angeklagten
- Teil 3: Das Eröffnungsplädoyer des Staatsanwaltes, erste Hälfte
- Teil 4: Das Eröffnungsplädoyer des Staatsanwaltes, zweite Hälfte
- Teil 5: Mittagspausengespräche mit Staatenbündlern
- Teil 6: Repliken der Verteidiger von Monika Unger und Jakob Stückelschweiger
Im Forum könnt ihr alle Beiträge ab hier mitverfolgen.
Teil 5: Mittagspausengespräche mit Staatenbündlern
Eines vorweg: Die Gespräche ausserhalb der Gerichtsverhandlung habe ich nicht notiert; ich rufe diesbezüglich alles aus meinem Gedächtnis ab. Dementsprechend können sich Erinnerungslücken oder auch Fehler in Reihenfolge und Wortlaut ergeben; natürlich versuche ich mein Bestes
Ich hatte den Gerichtssaal noch nicht einmal verlassen, da sprach mich mal wieder meine alte Bekannte Erika Eugster an, oder besser gesagt, sie pflanzte sich auf und rief mir über die Tatort-Absperrung hinweg zu: “SIE SIND VOM SONNENSTAATLAND!”
Ich war mir nicht sicher, ob das jetzt eher vorwurfsvoll oder neckend oder sonstwie gemeint war, doch da Erikas Gesichtsausdruck zu diesem Zeitpunkt eine Art Grinsen darstellte und ich mich überdies schon den ganzen Tag darauf gefreut hatte, wieder ein bisschen mit den Staatenbündlern zu interagieren, grinste ich spontan zurück.
“Ja, ich bin vom Sonnenstaatland! Sagen Sie bloss, Sie erinnern sich noch an mich vom letzten Mal?!”
“Natürlich, Sie kann man nicht einfach vergessen! Jaja, Sonnenstaatland, die Spione!”
Gleich darauf stand Erika direkt vor mir in der Schlange beim inneren Kontrollposten, wo man seine Taschen und Handys zurückholen konnte. Ihr vorheriges Grinsen hatte sich verflüchtigt.
“Sagen Sie mir Ihren Namen und Ihre Telefonnummer?”, fragte sie.
“Warum?”
“Ich möchte mit Ihnen reden. Sie haben doch ein Telefon?”
“Im Moment habe ich nur das hier”, sagte ich und hielt die kleinen Nummerntäfelchen hoch, die man beim Abgeben seiner Sachen am Kontrollposten erhält. “Aber wir können doch auch hier reden. Worüber wollen Sie denn reden?”
“Ich möchte wissen, wer Sie für das bezahlt, was Sie hier tun!”
“Na, niemand. Ich bin auf eigene Rechnung hier.”
“Nie im Leben! Das glaube ich Ihnen nicht!”
“Doch, ich bezahle hier alles selber.”
“Völlig unmöglich! Wollen Sie mir nicht sagen, wer Sie bezahlt?”
“Ich sag doch, niemand.”
“Und Ihren Namen? Wollen Sie mir den nicht sagen?”
“Nein.”
“Wollen Sie sich nicht zu erkennen geben? Haben Sie was zu verbergen?”
“Ich bin doch hier und trage offen ein Sonnenstaatland-T-Shirt, das reicht doch”, meinte ich.
“Und dann schreiben Sie wieder Lügen in Ihrem Sonnenstaatland, gell!”
“Wieso? Also eigentlich habe ich so genau wie möglich aufgeschrieben, was hier gesagt wurde.”
“Ja, ja, schreiben Sie das hier ruhig auch auf!” sagte sie und meinte diesen Dialog. Worauf sie sich verlassen kann.
Die gute Erika klang im Laufe dieses kleinen Wortwechsels übrigens zusehends unfreundlich und aggressiv, während ich Wert darauf legte, einen freundlichen und ruhigen Umgangston zu wahren. Schliesslich war ich in der angenehmen Position, hier nicht angeklagt zu sein, und mich interessierte ehrlich, wie diese Leute heute so drauf sind in Sachen SBÖ. Daher hätte ich mir sogar vorstellen können, die ganze Mittagspause über nett mit Erika zu plaudern. Sie war diejenige, die das nicht wollte, nachdem ich ihr nicht die WAHRHEIT gesagt, sprich, nicht ihre subjektiven Annahmen bestätigt hatte. Ich glaube in der Tat, mit ein paar einfachen Lügen (“Ich heisse Sandra Müller, und das Sonnenstaatland bezahlt mir 250 Euro pro Stunde plus Spesen und zusätzlich 125.50 Euro pro Normseite Prozessbericht”) hätte ich sie in diese Richtung einfach reinlegen können. Aber das ist nun mal nicht mein Stil.
Als ich am Kontrollposten meine Nummern wieder gegen Tasche und Handy eintauschte, warnte Erika einige ihrer anwesenden Mitangeklagten, mit dem Finger auf mich zeigend: “Die ist vom Sonnenstaatland!!! Die spionieren immer!”
Sie betrat dann mit einer Gruppe SBÖler vor mir die Schleuse am Haupteingang; da diese somit voll war, musste ich einige Augenblicke warten. Neben mir wartete auch der Angeklagte Enöckl, der entweder von Erikas Warnungen nichts mitbekommen hatte oder damit nichts anfangen konnte. Daher fragte ich ihn: “Und Sie, kennen Sie das Sonnenstaatland auch?”
Seine freundliche, aber ratlose Reaktion liess darauf schliessen, dass er die Frage nicht verstand bzw. das SSL nicht kannte. Statt dessen liess er mir nach Art eines Gentleman den Vortritt, als wir beide die wieder freie Schleuse betraten.
Vor dem Gericht standen etliche der SBÖler in einer Gruppe zusammen, und als Erika mich herauskommen sah, warnte sie die anderen erneut (oder immer noch?) vor der Bösen vom Sonnenstaatland. Da die Pausenzeit relativ knapp bemessen war, beschloss ich, mit dem Tram zum Jakominiplatz zu fahren und mir an den dortigen Snackbuden etwas zu holen. Während ich an der Tramhaltestelle wartete, die sich etwas abseits des Gerichtsgebäudes befindet, sah ich Enöckl auf mich zukommen.
Er fragte vorsichtig, aber ernsthaft: “Sind Sie die Tochter von Monika Unger?”
Also, das hatte ich jetzt wirklich nicht erwartet.
Natürlich verneinte ich sogleich und erzählte ihm, dass ich vom Sonnenstaatland sei und dass es sich dabei um eine Community handelt, die sich mit dem Phänomen befasst, das – so formulierte ich etwas vorsichtig – in Deutschland Reichsbürger, in Österreich Staatsverweigerer genannt wird. Nun sei ich für einen Tag hierher gekommen, weil mich der Prozess sehr interessiere.
Ganz anders als Erika wirkte Enöckl durch diese Angaben kein bisschen schockiert oder ablehnend. Man kann ganz normal mit ihm reden und er ist freundlich. Ich fragte ihn, ob er sich auch am Jakominiplatz etwas zu essen besorge, doch er wollte lieber im Supermarkt um die Ecke etwas einkaufen, und da das Tram gerade eintraf, wünschten wir uns noch guten Appetit und ich holte mir erst mal eine Stärkung.
Mit einem Eisbecher kehrte ich schliesslich zum Gericht zurück und sah Enöckl auf einer der Parkbänke sitzen, auf denen ich 2018 zu Mittag gegessen hatte. Er sagte, ich könne mich ruhig zu ihm hinsetzen, was ich gerne tat.
“Wie geht es Ihnen?” fragte ich ihn.
“Gut”, sagte er. Er fühle sich gut und sei mit sich im Reinen.
Seine erste Frage von vorhin aufgreifend, meinte ich, Monis Tochter müsste doch erheblich jünger sein als ich. Dem stimmte er zu, meinte aber, es könne ja schon sein, dass jemand nach einigen Jahren um einiges grösser und älter wirke. Er habe Monis Tochter nun seit mehreren Jahren nicht gesehen, und vom Gesicht her sähe ich ihr durchaus ähnlich. (Das war dann für mich wohl die Erkenntnis des Tages.)
Zu Moni bemerkte ich dann, dass sie mir leid tut wegen der schweren Krankheit, die nun bei ihr ausgebrochen ist. Gegen die Angeklagten in diesem Prozess würde ich keinen Hass empfinden oder ihnen etwas Schlechtes wünschen – “Das soll man allgemein nicht”, meinte Enöckl dazu, und da gab ich ihm natürlich recht. Ich erzählte ihm dann noch etwas genauer, was ich hier tat – dass ich einen Prozessbericht für das SSL schreibe und darin auch erwähnen würde, was wir hier gesprochen hätten, vorausgesetzt, es mache ihm nichts aus – ich wollte einfach, dass er das wusste. Er sagte, das sei in Ordnung und war einverstanden, dass ich ihm ein paar Fragen stellte.
Während wir da so plauderten, traf eine Gruppe SBÖler beim Gericht ein, darunter auch die liebe Erika.
“War ja klar, dass du mit der vom Sonnenstaatland zusammensteckst!” rief sie Enöckl von weitem zu, wurde aber von uns nicht weiter beachtet.
Auch ihm gegenüber erwähnte ich, dass ich auf eigene Rechnung hier war, weil mich diese Verhandlung einfach interessiere. Mit Blick auf Erika sagte ich dann noch, dass ich anders, als manche glauben, zu Hause einer gewöhnlichen Lohnarbeit nachgehe. Auf seine Frage nannte ich ihm sogar meinen ungefähren Beruf. Als er allerdings Näheres wissen wollte, erklärte ich ihm, wieder auf Erika verweisend, dass ich lieber keine zu konkreten Angaben zu mir machen wolle, da manche der Anwesenden – natürlich meinte ich nicht ihn selbst – doch eher aggressiv wirkten. Dafür zeigte Enöckl Verständnis.
Dann fragte ich ihn, wie er denn heute zum SBÖ stehe. Er sehe heute ein, dass das nicht funktioniert habe, sagte er. An der Wahrheit sei er nach wie vor interessiert. Auf meine Frage, ob denn der SBÖ für ihn die Wahrheit sei, meinte er: vielleicht ein Teil der Wahrheit. Er wolle halt einfach, dass die Menschen ihre Menschenrechte wieder erhielten, und das sei ja derzeit nicht der Fall. Auch auf die Mainstream-Medien war er nicht gut zu sprechen: Die hätten 2018 bei allen Angeklagten über deren Befragung bei Gericht berichtet ausser bei ihm, und das liege daran, dass er sämtliche Vorwürfe des Staatsanwaltes entkräftet habe.
Ich überlegte, ob ich ihn auf die Aufzeichnungen ansprechen soll, die ja laut StA bei ihm gefunden worden seien, aber das wagte ich dann nicht.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs sprach Enöckl über seine Überzeugung, dass Österreich ja keine Verfassung habe und kein Staat sei, vielleicht eher so etwas wie eine “Firma” – das altbekannte Gedankengut also. Natürlich erwähnte ich dann das Bundesverfassungsgesetz, aber das sei ja eben ein Gesetz, keine Verfassung, meinte er. Nach wenigen Versuchen, ihm den Gedanken näher zu bringen, dass es nicht auf die Benennung ankommt, beliess ich es dabei. Doch ich sagte ihm auch, dass wir uns in dem Punkt wohl nicht einig würden – wobei ich sogleich klarstellte, dass ich es ihm nicht übel nehme, wenn er da anderer Meinung sei (einem solchen Irrtum anzuhängen, ist ja keine Straftat; wäre es 2015-2017 nur dabei geblieben, wäre er jetzt nicht angeklagt). Er schien es mir ebenfalls nicht übel zu nehmen, dass ich dem SBÖ-Gedankengut kritisch gegenüberstehe. Wir gingen dann wieder ins Gericht, da wir ohnehin eher spät dran waren, und ich wünschte ihm noch alles Gute für den weiteren Verlauf des Prozesses.
Einmal mehr hat unser eidgenössisches Forenmitglied Helvetia keine Kosten und Mühen gescheut, um sich den ersten Verhandlungstag im Prozess gegen den “Staatenbund Österreich” anzuschauen und einen detaillierten Bericht anzufertigen.
Hier alle Einzelteile:
- Erste Rückmeldung
- Teil 1: Auftakt
- Teil 2: Generalien der Angeklagten
- Teil 3: Das Eröffnungsplädoyer des Staatsanwaltes, erste Hälfte
- Teil 4: Das Eröffnungsplädoyer des Staatsanwaltes, zweite Hälfte
- Teil 5: Mittagspausengespräche mit Staatenbündlern
- Teil 6: Repliken der Verteidiger von Monika Unger und Jakob Stückelschweiger
Im Forum könnt ihr alle Beiträge ab hier mitverfolgen.
Teil 6: Repliken der Verteidiger von Monika Unger und Jakob Stückelschweiger
Nach der Mittagspause kommt die Stunde der Verteidigung: Jeder und jede einzelne darf auf das Plädoyer des Staatsanwaltes mit einer Gegenrede, einer sogenannten Replik, antworten. Bei insgesamt 13 VerteidigerInnen kann man sich vorstellen, wie lange sich das hinziehen wird (der 14. Angeklagte aus dem ersten Verfahrensgang, Gerhard Robineau, ist jetzt nicht mehr dabei). Manche der Argumente werden von fast allen Verteidigern in fast gleicher Weise und meist dennoch in ganzer Breite gebracht – was verständlich ist, da jede Verteidigerin, jeder Verteidiger den jeweiligen Angeklagten gut und ausführlich vertreten will. In solchen Fällen erlaube ich mir hier, das jeweilige Argument beim ersten Mal, wenn es gebracht wird, gleich zusammenfassend für alle Verteidiger darzustellen.
Beginnen darf der Verteidiger der Erstangeklagten Moni. Er stellt sich als Christian Riesemann vor; im Zusammenhang mit dem SBÖ-Prozess ist er mehrfach in den Medien aufgetreten, so z.B. in der Sendung “Am Schauplatz”.
Als erstes kommt er auf die Pressemitteilung des OGH zu sprechen, die bereits der StA erwähnt hatte. (Ich frage mich ja, warum sich hier scheinbar alle auf diese Pressemitteilung beziehen, wo es doch wohl auch ein Urteil mit einer Begründung geben muss, aber OK, Österreich halt
Diese Pressemitteilung wird von Riesemann und weiteren Verteidigern natürlich anders ausgelegt als vom StA: Wichtig ist ihnen die darin enthaltene Formulierung “kein ausreichendes Sachverhaltssubstrat”, was die Verteidigung dahingehend interpretieren möchte, dass es laut OGH für den Vorwurf des Hochverrats bzw. der staatsfeindlichen Verbindung kein Sachverhaltssubstrat gebe, also, dass der OGH den Tatbestand als nicht erfüllt betrachte. Vorhin hatte der StA ja bereits darauf hingewiesen, dass die Verteidigung diese Passage so auslegen würde, hatte aber auch angemerkt, dass sich dieses “kein ausreichendes Sachverhaltssubstrat” lediglich auf die Formulierung der Fragen an die Geschworenen beziehe. Kritisiert worden sei, dass die Fragen nur dem Wortlaut der entsprechenden Strafnormen folgten, ohne dass die konkreten Taten der SBÖ-Mitglieder, also der Sachverhalt, eingeflossen seien – eine rein formelle Angelegenheit gemäss StA. So habe zumindest ich diese Kontroverse verstanden. Aber schauen wir uns diese Passage der besagten Pressemitteilung des OGH doch gleich selber mal an:
Denn die dazu vom Schwurgerichthof an die Geschworenen gestellten Fragen enthielten zu erforderlichen Tatbestandselementen nur den Gesetzeswortlaut, aber kein ausreichendes Sachverhaltssubstrat. Dieses fehlte beim Hochverrat zur beabsichtigten gewaltsamen Änderung der Verfassung des Bundes oder eines Bundeslands und bei den staatsfeindlichen Verbindungen zur Zweckausrichtung des „Staatenbundes Österreich“ und seiner Unterorganisationen.
So kann sich jeder selber eine Meinung bilden. Zugegebenermassen würde ich hier der Auffassung des StA recht geben.
Als nächstes hält Riesemann ein Dokument hoch, bei dem es sich um jenen “berühmten Brief” handle, den alle “Präsidenten” des SBÖ unterschrieben haben (tatsächlich sind eine Menge roter Daumenabdrücke darauf zu sehen), und der an verschiedene österreichische Regierungsinstitutionen sowie an Trump und Putin verschickt worden war. Riesemann zitiert daraus kurze Formulierungen wie “Wir grüssen in Wahrheit, Licht und Liebe” und “Bitte, Personen in Haft zu setzen”, um dann rhetorisch zu fragen: “Wie kann ich mit so einem Schreiben die Verfassung ändern? Bei uns ändert die Gesetze das Parlament”.
Damit bezieht er sich auf den Wortlaut des Hochverrats-Paragraphen §242 StGB:
(1) Wer es unternimmt, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt die Verfassung der Republik Österreich oder eines ihrer Bundesländer zu ändern oder ein zur Republik Österreich gehörendes Gebiet abzutrennen, ist mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren zu bestrafen.
(2) Ein Unternehmen im Sinn des Abs. 1 liegt auch schon bei einem Versuch vor.
… und kommt zu dem Schluss, dass es sich somit um einen absolut untauglichen Versuch handle: Die zu verhaftenden Personen hätten schliesslich der Regierung, nicht dem Parlament angehört.
Hinzu komme, dass das Militär ja ohnehin gar keine Befugnis habe, irgendwen zu verhaften. Die ganze Aktion sei “nicht nur dilettantisch, sondern geradezu absurd” gewesen. Der SBÖ sei “eine Gruppe von Spinnern, die sich fürchterlich verkalkuliert haben, aber keinerlei Gefahr ausströmen”.
(Ich weiss ja nicht, wie es Euch geht; aber ich finde es herrlich, wie sehr die Verteidiger in diesem Prozess ihre Mandanten immer wieder dissen müssen, um sie möglichst rauszuhauen. Beleidigung zwecks Verteidigung
Dass das Parlament in seiner Botschaft zum neuen Staatsverweigerer-Paragraphen (§247a StGB) den SBÖ explizit erwähne, beweise, dass dieser aus Sicht des Parlamentes eben keine staatsfeindliche Verbindung sei, sondern “nur” eine staatsfeindliche Bewegung im Sinne dieses neuen Paragraphen. Staatsfeindliche Bewegung wird deutlich milder bestraft als staatsfeindliche Verbindung. Allerdings ist §247a aus chronologischen Gründen noch nicht auf den SBÖ anwendbar.
Moni habe sich, so Riesemann weiter, vom SBÖ-Gedankengut glaubhaft distanziert; das sage auch die Sachverständige. Anfang Jahr sei eine schwere Geisteskrankheit bei Moni diagnostiziert worden (an dieser Stelle schüttelt Fallner demonstrativ den Kopf). Jetzt stehe sie unter Medikation und es gehe ihr soweit gut, dass sie mitwirken könne. Riesemann fragt, ob diese Geisteskrankheit nicht schon zum Tatzeitpunkt vorgelegen haben könnte. Die Absicht dahinter ist natürlich klar; Moni wäre dann nicht oder nur vermindert schuldfähig.
Als nächstes ist die Verteidigerin von S dran, die sich als Isabella Hödl vorstellt. Sie legt grossen Wert darauf, den Geschworenen und dem Publikum zu erklären, wer S sei: In ihrer Darstellung ein österreichischer Staatsbürger, Pensionist, “keineswegs Putin-affin” und “kein Bombenbauer” (die letzten beiden Bemerkungen gehen klar an die Adresse des StA). In seiner Jugend sei S “Trümmerbub” gewesen, d.h., er habe die Republik Österreich nach 1945 wieder aufbauen geholfen. Er habe immer Steuern bezahlt und das System nie beanstandet. Daneben sei er nun mal an “historischen Ereignissen” interessiert und habe sich deswegen angehört, wie Moni über bestimmte Dokumente sprach (im Prozess 2018 wurden diese von ihm als irgendwelche angeblichen Bestimmungen der “Alliierten” bezeichnet). Der SBÖ sei Monis Werk, sie allein habe da Entscheidungsbefugnis gehabt. S habe sie lediglich als Fahrer und Beschützer begleitet. Nun sei er seit dreieinhalb Jahren in Untersuchungshaft bzw. Einzelhaft.
Dann kommt die Verteidigerin zu der Frage, was der SBÖ sei: Ob er überhaupt solche Handlungen setzen könne, wie sie seinen Mitgliedern vorgeworfen werden; ob er die Verfassung ändern könne?
Nein, findet Hödl, denn der SBÖ sei nur ein “Verein” (kontraproduktiverweise schüttelt Faller bei diesem Wort heftig den Kopf) in “Wahrheit, Licht und Liebe”; er sei immer öffentlich aufgetreten und habe eine Webseite gehabt. Unter anderem habe diese Webseite eine Tauschbörse für gebrauchte Gegenstände enthalten – das passe doch nicht zu Hochverrat!
Zu den Geschworenen sagt Hödl an diesem Punkt, sie sollten immer wieder auch versuchen, sich in die Perspektive des SBÖ hineinzuversetzen, insbesondere, was den Unterschied zwischen Mensch und Person betreffe. Wir werden später noch sehen, worauf sie damit hinauswill.
Zuerst kommt sie aber auf den Hochverratsvorwurf zu sprechen. Allein die Anwesenheit S’ bei der Übergabe von 27 “Haftbefehlen” reiche laut Anklage aus, um den Tatbestand des Hochverrats zu erfüllen. Nun liest die Verteidigerin den Wortlaut von §242 StGB vor und fragt, was demgemäss eigentlich der konkrete Vorwurf an S sei. Unter den 27 “Haftbefehlen” müsse man sich Briefe vorstellen, die alle Moni geschrieben habe und die bei der Übergabe in Couverts verpackt gewesen seien. Und was habe S dabei getan? Nichts, ausser bei der Übergabe persönlich anwesend zu sein. Wie das den Tatbestand des Hochverrats auslösen könne? Ob S das wirklich gewollt habe – einen Putsch herbeiführen? Gemäss Hödl sei das “absolut denkunmöglich”.
Nun kommt Hödl auf den Vorwurf zu sprechen, S habe Moni im Jänner 2017 bei der Verfassung eines Schreibens an Othmar Commenda (den damaligen Chef des Generalstabs des Bundesheeres) unterstützt. Sie hält das Dokument hoch: Es sei ein “rosa Brief mit rosa Herzerln”. Die Verfasser würden in diesem Schreiben ihre Verwunderung darüber ausdrücken, bei Commenda noch keinen persönlichen Termin erhalten zu haben. Hödl zitiert daraus: “Wir sind alle Menschen, und niemand will hier irgendjemandem wehtun oder schaden.”
Wie man damit Gewalt ausübe, fragt sie rhetorisch.
Praktischerweise haben wir Bilddateien desselben Schreibens in unserem Wiki vor der Vergessenheit bewahrt. So können sich auch die geneigten SSL-Forums-LeserInnen ein Bild davon machen, wie die von Hödl paraphrasierten Formulierungen tatsächlich aussehen und was sonst noch alles in dem Schreiben steht. Ich verlinke hier alle vier Seiten:
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&filetimestamp=20170203104608&” target=”_blank” rel=”noopener noreferrer”>Seite 4
Bei S werde in diesem Anklagepunkt nur auf dieses eine Schriftstück Bezug genommen, fährt Hödl fort. Ob das ausreichend sei? Zum Zeitpunkt der Abfassung habe S an Fieber gelitten, sei daher gar nicht anwesend gewesen. Es fehle zudem die Gewalt.
Zu den “Haftbefehlen” meint Hödl, die Geschworenen sollten sie als Beweismittel kritisch hinterfragen. Sie hält einen solchen “Haftbefehl” hoch: Die würden alle mit dem Schlusssatz “Wir grüssen Sie in Wahrheit, Licht und Liebe” enden. Im Blickwinkel des SBÖ, sagt Hödl, seien die “Haftbefehle” an beschuldigte Personen ergangen. Das ist einer der Gründe, warum sie die Geschworenen vorhin aufgefordert hat, sich auch in die Perspektive der SBÖ-Ideologie zu versetzen. Denn es sei nie beabsichtigt gewesen, Menschen zu verhaften.
Eine höchst originelle Theorie, muss ich wirklich sagen – und das meine ich nicht im negativen Sinne. Man muss es Frau Hödl zugute halten, dass sie sich bemüht hat, sich in die Deppen-Unlogik hineinzudenken (was allerdings ein aussichtsloses Unterfangen ist, da “Denken” im Sinne schlüssiger Argumentationsketten der Deppen-Ideologie nun einmal fremd ist), und dass sie einen Vorteil für ihren Mandanten daraus zu ziehen versucht. Ist ja schliesslich ihr Job. Allerdings kann ich mir an dieser Stelle auch einen Kommentar nicht verkneifen:
Man muss Hödls Theorie nämlich auch richtig zu Ende denken bzw. den wirren Pfaden der Deppen-Unlogik bis zum Durchdrehen folgen.
In unserem Wiki haben wir auch &filetimestamp=20170203104223&” target=”_blank” rel=”noopener noreferrer”>ein Beispiel für einen solchen “Haftbefehl” den Klauen der Vergessenheit entrissen. Das Schriftstück enthält in der Tat die Formulierung “beschuldigte Personen”. Hödl stellte das Vorhaben des SBÖ als eine Art schlechten, aber nicht ernst zu nehmenden Scherz dar, da “mit einem Augenzwinkern”, wie sie formulierte, nur “Personen” verhaftet werden sollten. Aber: “Personen” werden nach gängigen Deppenvorstellungen verkörpert durch Geburtsurkunden oder Ausweisdokumente. Deshalb ist es ja auch immer wieder vorgekommen, dass Deppen bei Gericht demonstrativ ihre Geburtsurkunde auf einen Stuhl legten, in der Meinung, das Gericht dürfe nur darüber und nicht über den Menschen urteilen – oder dass sie behaupteten, ihre Person sei gar nicht anwesend, wie just heute der Angeklagte Faller.
Wenn Hödls Theorie zuträfe, müsste das also heissen, dass Moni eigentlich nur einen Stapel Papier vor ihr “staatliches Völkerrecht-Gericht” geladen hätte, dem sie dann vor einem Deppenpublikum ordentlich “die Leviten lesen” wollte. Das erscheint doch sehr unrealistisch. Zudem hat Moni das Militär per Brief darum gebeten, die Angeklagten vorzuführen, weil sie wohl nicht freiwillig kommen würden. Dazu hätte sie keinen Grund gehabt, wenn sie keine echten, menschlichen Angeklagten erwartet hätte. Hinzu kommt, dass gerade die Reichsdeppen und Staatsverweigerer ja eben keine Befürworter der vermeintlichen “Personenjustiz” sind, die für Menschen gar nicht zuständig sei und keine “Menschenrechte” achte. Vielmehr wollen sie diese ja immer wieder durch eigene Selbstjustiz-“Gerichte” ersetzen, etwa den ICCJV, den GCLC oder eben Monis “Völkerrecht-Gericht”. Das, was Frau Hödl hier behauptet – eine eigene “Personenjustiz” aufziehen – das würden Staatsverweigerer aufgrund ihrer Ideologie eben gerade nicht tun. Das ist der Schluss, zu dem man gelangen muss, wenn man sich konsequent in die Deppenperspektive hineinversetzt.
Davon abgesehen, gibt es genügend Belege dafür, dass Moni ihre “Angeklagten” in echt vorladen wollte. Allein schon der kurze Mitschnitt ihres Vortrages in Kärnten am 13.04.2017, eine Woche vor ihrer Verhaftung, lässt da kaum Zweifel offen. Sie liest darin auch eines der Ladungsschreiben vor, die den “Angeklagten” zusammen mit den “Haftbefehlen” zugestellt wurden. Darin ist von “Personen” keine Rede.
Der langen Rede kurzer Sinn: So originell und überraschend ich Frau Hödls Argument finde, ich jedenfalls kann dem nicht zustimmen.
Anschliessend kommt Hödl noch auf den Vorwurf der staatsfeindlichen Verbindung zu sprechen. Hödl liest den Gesetzestext vor und sagt, mit dem Begriff “erschüttern” müsse schon etwas “Heftiges” gemeint sein. Wie das der SBÖ sehe, dieser “Verein von Weltverbesserern”? An dessen Stammtischen habe man über Themen wie Gesundheit, Natur, Nahrungsergänzungsmittel oder Esoterik gesprochen. S könne sich somit gar nicht führend an einer staatsfeindlichen Verbindung betätigt haben, da der SBÖ keine solche gewesen sei. Überdies seien die 3000 SBÖ-Mitglieder nicht “weite Teile der Bevölkerung”. (Worauf sich dieses letzte Argument bezog, ist in meinen Notizen leider nicht enthalten; evtl. Stammte es aus einem Kommentar zum Gesetz).