Prozessbericht “Dreiste Lügen über den Staatenbund-Prozess”, 2. Auflage
Einmal mehr hat unser eidgenössisches Forenmitglied Helvetia keine Kosten und Mühen gescheut, um sich den ersten Verhandlungstag im Prozess gegen den “Staatenbund Österreich” anzuschauen und einen detaillierten Bericht anzufertigen.
Hier alle Einzelteile:
- Erste Rückmeldung
- Teil 1: Auftakt
- Teil 2: Generalien der Angeklagten
- Teil 3: Das Eröffnungsplädoyer des Staatsanwaltes, erste Hälfte
- Teil 4: Das Eröffnungsplädoyer des Staatsanwaltes, zweite Hälfte
- Teil 5: Mittagspausengespräche mit Staatenbündlern
- Teil 6: Repliken der Verteidiger von Monika Unger und Jakob Stückelschweiger
Im Forum könnt ihr alle Beiträge ab hier mitverfolgen.
Teil 4: Das Eröffnungsplädoyer des Staatsanwaltes, zweite Hälfte
In der kurzen Pause blieb ich im Saal, froh, eine Weile stehen zu können. Man braucht ja doch einiges Sitzfleisch in so einer Verhandlung. Vielleicht sollte ich hier noch erwähnen, dass ich natürlich meine sonnenstaatländische Galauniform (die pechschwarze Ausführung, nicht die pinkfabene) trug, auf der vorne gut sichtbar unser Staatswappen prangt. Wahrscheinlich war dieses weithin sichtbar, während ich da stand, und überdies prangt dasselbe Wappen auch auf jeder Seite meines Notizblocks. Nach meinen Erfahrungen mit Erika Eugster im letzten Prozess ging ich allerdings nicht davon aus, dass dieses Wappen von den SBÖlern überhaupt erkannt werden würde.
Um 11:15 geht die Verhandlung weiter. Als die Richter den Saal betreten und sich sonst alle erheben, bleibt neben Faller diesmal auch S sitzen. Er hat wohl für heute beschlossen, den Firmenvertretern keinen unnötigen Respekt mehr zu erweisen.
Der StA stellt noch einmal klar, dass seine Mordplanungsgeschichte eben nur ein Beispiel war und dass Moni und S niemanden umbringen wollten. Möglicherweise wurde er bereits während der Pause hinter den Kulissen für dieses Beispiel kritisiert.
Dann setzt der StA seine Ausführungen fort: Im ersten Verfahrensgang sei Moni noch komplett in ihrer eigenen Welt gewesen. Ihr Verteidiger habe wie ein Löwe für einen Freispruch gekämpft: Das sei ja vom SBÖ alles nicht ernst gemeint gewesen, auf den Briefen seien ja immer lustige Herzerl drauf gewesen usw. Moni habe diese Strategie allerdings untergraben, indem sie betont habe, ihr SBÖ sei doch kein Kasperltheater gewesen. Man sei jetzt gespannt, wie sie sich diesmal einbringe.
Neben dem Hochverrat (§242 StGB), der jetzt nur noch Moni und S betrifft, sei das zweite Thema dieser Verhandlung die staatsfeindliche Verbindung (§246 StGB). Wegen eines möglichen Deliktes im Sinne von §246 müssen sich sämtliche Angeklagten noch einmal verantworten.
Alle Angeklagten ausser Faller hätten der Führungsspitze des SBÖ angehört. Den Faller bezeichnet der StA an dieser Stelle als “Mann fürs Grobe, der sich hier immer wieder in Szene setzt”. Faller habe auch nach der Verhaftung der SBÖ-Führung mit der Reichsdepperei weitergemacht und sei erst später verhaftet worden.
Hier setzt der StA den SBÖ in den Kontext von Reichsbürgern, Freemen, OPPT etc. (ohne wirklich auf diese Gruppierungen eingehen zu können); jedenfalls habe Moni dieses Gedankengut nicht selbst erfunden. Um den Geschworenen sozusagen einen Crashkurs in Reichsdeppologie zu erteilen, lässt der StA nun das Video “Der Strohmann” abspielen, das aus der angelsächsischen Sovereign-Citizen-Szene stammt. Die Geschworenen würden dann verstehen, was Faller vorhin meinte, als er sagte, seine Person sei nicht anwesend. Ich kenne das Video schon länger und habe daher Zeit, statt dessen die Reaktionen der Angeklagten zu beobachten: Insbesondere der immer noch stehende Faller nickt immer wieder zu den Aussagen des Films, auch in Richtung der Angeklagten hinter ihm, von denen einige das Nicken erwidern. Am Ende des Videos klatscht Faller. Der StA ist geradezu dankbar für dieses Anschauungsbeispiel reichsdeppischer Verblendung und weist die Geschworenen darauf hin: “Der Herr Faller stimmt dem zu!”.
Aufgrund dieser staatsfeindlichen Ideologie habe Moni ihren Anhängern weisgemacht, nichts mehr zu bezahlen, fährt der StA fort. Wenn zum Beispiel ein SBÖ-Depp einen Autounfall gebaut und Schaden verursacht habe, dann seien der Anwalt bzw. das Gericht, das die Schadenersatzforderungen anderer gegen den verursachenden Deppen durchgesetzt habe, aus SBÖ-Sicht die Bösen gewesen.
Der StA erklärt nun ganz kurz, weshalb das Urteil aus dem ersten Prozess teilweise aufgehoben wurde und der Prozess wiederholt wird: Die Fragen an die Geschworenen am Ende des Prozesses seien nicht konkret genug gewesen.
Dann beschreibt er die Verteidigungsstrategien, welche die AnwältInnen für jeden Angeklagten vor 2 Jahren angewandt hätten bzw. heute wahrscheinlich anwenden würden, und versucht diesen Punkten bereits vorsorglich zu widersprechen:
Bei Moni habe die Verteidigung damals nicht viel bewegen können, da sie zwar geständig, aber nicht reumütig war, im Sinne von: “Natürlich war das kein Spass, ich bin die Präsidentin, ich stehe über dem österreichischen Gesetz”.
Nun liest der StA aus einer Pressemitteilung des OGH vor, um klarzustellen, dass der OGH in den Aktivitäten des SBÖ keinen absolut untauglichen Versuch (§15 Abs. 3 StGB) gesehen habe, wie die Verteidigung wahrscheinlich versuchen würde zu argumentieren, sondern dass der OGH nur die Formulierung der Fragen an die Geschworenen beanstandet habe.
Die Verteidiger von Moni und S würden sicher auch argumentieren, Hochverrat sei zu hoch angesetzt, die Strafhöhe sei viel zu hoch mit einem unteren Strafrahmen von 10 Jahren, da der SBÖ gar keine ernstzunehmende Gefahr dargestellt habe. Demgegenüber stellt der StA klar, man müsse sich penibel an die Gesetze halten, der Strafrahmen sei eben nun mal so. Das sei die Gesetzgebung in einem Rechtsstaat. (Zwischenruf von Faller: “Rechts, wohlgemerkt Rechtsstaat”). Dies sei das genaue Gegenteil dessen, was Moni mit ihrem “Völkerrecht-Gericht” wollte.
Des weiteren würden S und dessen Verteidigerin behaupten, S sei nur Monis Bodyguard gewesen (ja, das kennen wir noch von 2018). Doch es gebe zahlreiche Aufnahmen, die beweisen würden, dass er Mitanführer und Monis rechte Hand war.
Nun zu Voglmeir: Diese sei bereits wegen schweren Betrugs verurteilt. In der Haft habe sie ursprünglich mitgewirkt. Sie sei die Buchhalterin des SBÖ gewesen und habe ihre Unterlagen zunächst bereitwillig der Polizei erklärt, wurde dann enthaftet, sei aber anschliessend mit Faller zusammengekommen (nein, das will man sich nicht vorstellen ). In der Folge sei sie rückfällig geworden und wieder in Haft gekommen. Im Verfahren sagte sie dann, ihr Herz sei immer beim SBÖ gewesen, bekam zwei Jahre und hat diese bereits verbüsst. Von dem her könne sie recht gelassen auf das gegenwärtige Verfahren blicken.
Hier hat Faller wieder einen seiner Solo-Auftritte als Klassenclown (den Wortlaut konnte ich nicht notieren). Diesmal wird er vom StA gemassregelt: “Herr Faller, könnten Sie jetzt bitte den Mund halten? Ich höre Ihnen dann einmal genug zu.”
Zu Wallner: Dieser wurde rechtskräftig wegen Betrugs verurteilt, was er nicht einsehen wollte. Er wollte auch kein führendes SBÖ-Mitglied gewesen sein, sondern nur “Sekretär”. Ein weiterer Anklagepunkt gegen ihn war, dass er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Murhamer das “Landbuch”, den Grundbuchverschnitt des SBÖ, geführt. Wegen Drohschreiben sei er ebenfalls schon rechtskräftig verurteilt. Wallner sei Diplom-Ingenieur und ein Beispiel dafür, dass Bildung nicht vor solchem Gedankengut schütze. In der Haftprüfung habe er dem StA erklären wollen, was das österreichische Recht kann bzw. nicht kann. Mittlerweile sei er auf gutem Weg (wie auch Murhamer); damals vor zwei Jahren sei er jedoch einer der ideologisch am meisten Gefestigten gewesen.
Murhamer sei über Wallner zum SBÖ gekommen und “sein Anhängsel”. Damals habe die Haftrichterin ein psychologisches Gutachten verordnet, weil sie sich am Haftprüfungstermin “aufgeführt” habe wie sonst niemand.
Die Strategie ihrer Verteidigung bestehe darin, dass der SBÖ ja nur ein “Verein” gewesen sei, keine staatsfeindliche Verbindung. Zudem habe sie geglaubt, dass Moni alles dürfe, weil Moni dies an der berühmten Einstellungsverständigung von 2016 festgemacht habe. Um dieses Dokument ging es schon im ersten Verfahrensgang, als ich anwesend war, doch heute erzählt der StA in einem Exkurs mehr darüber: Der Verfassungsschutz habe den SBÖ bereits beobachtet, am 26.10.2015 auf dem Hauptplatz in Graz der “Staat Steiermark” gegründet worden sei. Damals habe man geprüft, was das sein könnte, wenn sich ein paar Spinner auf den Platz stellen und sagen: “Wir sind jetzt der Staat Steiermark”. Der StA sei damals auch schon dabei gewesen. Man habe staatsfeindliche Verbindung und Hochverrat geprüft, jedoch seien damals diese Tatbestände noch nicht erfüllt gewesen; und ein Paragraph namens “Aufruf zum Ungehorsam gegen die Gesetze” sei schon Anfang 2015 aufgehoben worden. Deshalb sei dann eine Einstellungsverständigung an Moni geschickt worden. Darin sei jeweils vermerkt, dass die Empfängerin das Recht habe, die Begründung des eingestellten Verfahrens zu erfragen, also, weswegen ermittelt wurde. Dieses Recht habe Moni aber niemals in Anspruch genommen. Das Schreiben sei von Februar 2016, damals habe es noch keine Haftbefehle, Drohschreiben, Betrug usw.; Moni habe das Dokument aber dann als “Freifahrtschein” verwendet. Dies vergleicht der StA mit einem IS-Fall in Wien. (Faller versucht sich hier zu melden, wird aber ignoriert; vermutlich will er wieder seine eigene Einstellungsverständigung vorzeigen. Schliesslich ruft er drein und wird von der Richterin gestoppt.)
Der Angeklagte Welser war Präsident des “Staates Oberösterreich”. Seine Verteidigungslinie: Er sei nur auf dem Papier Präsident gewesen, in Wirklichkeit habe er nur zugehört und die anderen hätten alles gemacht. Auch er wurde schon wegen Betrugs rechtskräftig verurteilt. Der “Staat Oberösterreich” sei ausserordentlich gut organisiert gewesen und habe nach Welsers Verhaftung sogar ohne ihn weitergemacht, bis die Übriggebliebenen im Juni 2017 in einer “zweiten Welle” verhaftet wurden.
Den Angeklagten Fröhlich bezeichnet der StA als einen “der engsten Vertrauten” von Moni. Er sei gemeinsam mit ihr auf “Reichsbürgerseminaren” gewesen. Seine Verteidigungslinie: Den SBÖ habe er zwar schon ernst genommen, die Sache mit dem Militär aber nicht. Er habe Moni als technischer Experte bei ihren Präsentationen in ganz Österreich geholfen. Seinen Beruf habe er auf 20 Wochenstunden “zurückgeschraubt”, um mehr Zeit für den SBÖ zu haben.
Nun zu Eugster, der einstigen vermeintlichen Präsidentin des “Staates Vorarlberg”. Sie sei tatsachengeständig, habe sich als “grösste Dienerin” gesehen und nur Gutes tun wollen. Das könne doch nicht strafbar sein! Eugster sei wegen Betruges und Drohschreiben rechtskräftig verurteilt.
Zu Enöckl: Er habe sich schuldig bekannt, der Anführer des “Staates Niederösterreich” gewesen zu sein und habe eingesehen, dass dies nicht in Ordnung war. Er sei wegen Betrugs verurteilt worden. Gemäss seiner Verteidigungsstrategie habe er nie Gewalt anwenden wollen; laut StA sei das aber absurd: Bei ihm seien Aufzeichnungen darüber gefunden worden, was konkret passieren müsse, wenn das Militär dann komme. Skizziert würden in diesem Dokument vom November 2016 etwa die Gleichschaltung des Militärs und die Übernahme der Medien. Vor dem geplanten “Völkerrecht-Gericht” habe er mit Moni telefoniert und es gut gefunden, dass “die” nun alle verhaftet würden.
(Zur Erinnerung: Die Telefonate führender Staatenbündler wurden damals abgehört.)
Die Verteidigungsstrategie des Angeklagten Trautmann gleiche derjenigen von Welser: Er sei nur auf dem Papier Präsident des “Staates Salzburg” gewesen, in Wirklichkeit sei es ihm um Biertrinken und gemeinschaftliche Anlässe gegangen. Beim Unterzeichnen des gemeinsamen Schreibens aller Präsidenten ans Militär sei er als starker Raucher gerade irgendwie high gewesen und habe die bedeutung nicht erfassen können. Dazu meint der StA: Die Salzburger wären beim SBÖ nie akzeptiert worden, wenn sie nicht die gleichen Ansichten vertreten hätten.
Kreidl sei “de facto”, jedoch nie formell, die Präsidentin des “Staates Tirol” gewesen. Sie stehe dazu, was sie getan habe, wolle aber nur Teil einer Gruppe gewesen sein, die gemeinschaftlich gehandelt habe. Bereits verurteilt sei sie wegen Betrugs.
Klima sei insofern geständig, als er mitgemacht habe, wolle aber nicht führend mitgemacht haben. Er sei Teil des Einschreibe-Teams für neue Mitglieder gewesen sowie, gemeinsam mit Faller, der “Mann fürs Grobe”, nämlich Gerichtsbote. Die SBÖ-Spitze habe sich nach der Zustellung der Haftbefehle und “Vorladungen” durch Klima und Faller darüber lustig gemacht, wie sehr die Geladenen gezittert und Angst gehabt hätten. (Ich vermute fast, dass der StA diese Aussage nicht auf das hier verlinkte Video, sondern auf eine nicht öffentlich zugängliche Aufzeichnung stützt; jedoch gibt dieses Video vielleicht einen kleinen Eindruck davon). Auch Klima sei wegen Betrugs verurteilt worden.
An dieser Stelle quatscht S drein, wird aber abgewürgt.
Der Angeklagte Faller schliesslich gehöre nicht zur Führungsebene des SBÖ, habe aber wesentlich mitgewirkt, obwohl er erst Anfang 2017 dazugekommen sei. Er sei wegen Drohschreiben und wegen seines Einsatzes als Gerichtsbote bereits verurteilt.
Faller sei immer noch in der Ideologie des SBÖ gefangen, so sehr, dass er in der Haft seine Mithäftlinge überredet habe, Drohschreiben zu verschicken, die er für sie als “Botschafter Menschenrecht” geschrieben habe. Nach wie vor glaube er, dass er das dürfe.
Der StA beendet seinen Vortrag mit einem Lob an die VerteidigerInnen, die er als “Superjuristen” bezeichnet.
Nun soll es eine Mittagspause bis 13 Uhr geben.
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