Prozessbericht “Dreiste Lügen über den Staatenbund-Prozess”, 2. Auflage
Einmal mehr hat unser eidgenössisches Forenmitglied Helvetia keine Kosten und Mühen gescheut, um sich den ersten Verhandlungstag im Prozess gegen den “Staatenbund Österreich” anzuschauen und einen detaillierten Bericht anzufertigen.
Hier alle Einzelteile:
- Erste Rückmeldung
- Teil 1: Auftakt
- Teil 2: Generalien der Angeklagten
- Teil 3: Das Eröffnungsplädoyer des Staatsanwaltes, erste Hälfte
- Teil 4: Das Eröffnungsplädoyer des Staatsanwaltes, zweite Hälfte
- Teil 5: Mittagspausengespräche mit Staatenbündlern
- Teil 6: Repliken der Verteidiger von Monika Unger und Jakob Stückelschweiger
Im Forum könnt ihr alle Beiträge ab hier mitverfolgen.
Teil 5: Mittagspausengespräche mit Staatenbündlern
Eines vorweg: Die Gespräche ausserhalb der Gerichtsverhandlung habe ich nicht notiert; ich rufe diesbezüglich alles aus meinem Gedächtnis ab. Dementsprechend können sich Erinnerungslücken oder auch Fehler in Reihenfolge und Wortlaut ergeben; natürlich versuche ich mein Bestes
Ich hatte den Gerichtssaal noch nicht einmal verlassen, da sprach mich mal wieder meine alte Bekannte Erika Eugster an, oder besser gesagt, sie pflanzte sich auf und rief mir über die Tatort-Absperrung hinweg zu: “SIE SIND VOM SONNENSTAATLAND!”
Ich war mir nicht sicher, ob das jetzt eher vorwurfsvoll oder neckend oder sonstwie gemeint war, doch da Erikas Gesichtsausdruck zu diesem Zeitpunkt eine Art Grinsen darstellte und ich mich überdies schon den ganzen Tag darauf gefreut hatte, wieder ein bisschen mit den Staatenbündlern zu interagieren, grinste ich spontan zurück.
“Ja, ich bin vom Sonnenstaatland! Sagen Sie bloss, Sie erinnern sich noch an mich vom letzten Mal?!”
“Natürlich, Sie kann man nicht einfach vergessen! Jaja, Sonnenstaatland, die Spione!”
Gleich darauf stand Erika direkt vor mir in der Schlange beim inneren Kontrollposten, wo man seine Taschen und Handys zurückholen konnte. Ihr vorheriges Grinsen hatte sich verflüchtigt.
“Sagen Sie mir Ihren Namen und Ihre Telefonnummer?”, fragte sie.
“Warum?”
“Ich möchte mit Ihnen reden. Sie haben doch ein Telefon?”
“Im Moment habe ich nur das hier”, sagte ich und hielt die kleinen Nummerntäfelchen hoch, die man beim Abgeben seiner Sachen am Kontrollposten erhält. “Aber wir können doch auch hier reden. Worüber wollen Sie denn reden?”
“Ich möchte wissen, wer Sie für das bezahlt, was Sie hier tun!”
“Na, niemand. Ich bin auf eigene Rechnung hier.”
“Nie im Leben! Das glaube ich Ihnen nicht!”
“Doch, ich bezahle hier alles selber.”
“Völlig unmöglich! Wollen Sie mir nicht sagen, wer Sie bezahlt?”
“Ich sag doch, niemand.”
“Und Ihren Namen? Wollen Sie mir den nicht sagen?”
“Nein.”
“Wollen Sie sich nicht zu erkennen geben? Haben Sie was zu verbergen?”
“Ich bin doch hier und trage offen ein Sonnenstaatland-T-Shirt, das reicht doch”, meinte ich.
“Und dann schreiben Sie wieder Lügen in Ihrem Sonnenstaatland, gell!”
“Wieso? Also eigentlich habe ich so genau wie möglich aufgeschrieben, was hier gesagt wurde.”
“Ja, ja, schreiben Sie das hier ruhig auch auf!” sagte sie und meinte diesen Dialog. Worauf sie sich verlassen kann.
Die gute Erika klang im Laufe dieses kleinen Wortwechsels übrigens zusehends unfreundlich und aggressiv, während ich Wert darauf legte, einen freundlichen und ruhigen Umgangston zu wahren. Schliesslich war ich in der angenehmen Position, hier nicht angeklagt zu sein, und mich interessierte ehrlich, wie diese Leute heute so drauf sind in Sachen SBÖ. Daher hätte ich mir sogar vorstellen können, die ganze Mittagspause über nett mit Erika zu plaudern. Sie war diejenige, die das nicht wollte, nachdem ich ihr nicht die WAHRHEIT gesagt, sprich, nicht ihre subjektiven Annahmen bestätigt hatte. Ich glaube in der Tat, mit ein paar einfachen Lügen (“Ich heisse Sandra Müller, und das Sonnenstaatland bezahlt mir 250 Euro pro Stunde plus Spesen und zusätzlich 125.50 Euro pro Normseite Prozessbericht”) hätte ich sie in diese Richtung einfach reinlegen können. Aber das ist nun mal nicht mein Stil.
Als ich am Kontrollposten meine Nummern wieder gegen Tasche und Handy eintauschte, warnte Erika einige ihrer anwesenden Mitangeklagten, mit dem Finger auf mich zeigend: “Die ist vom Sonnenstaatland!!! Die spionieren immer!”
Sie betrat dann mit einer Gruppe SBÖler vor mir die Schleuse am Haupteingang; da diese somit voll war, musste ich einige Augenblicke warten. Neben mir wartete auch der Angeklagte Enöckl, der entweder von Erikas Warnungen nichts mitbekommen hatte oder damit nichts anfangen konnte. Daher fragte ich ihn: “Und Sie, kennen Sie das Sonnenstaatland auch?”
Seine freundliche, aber ratlose Reaktion liess darauf schliessen, dass er die Frage nicht verstand bzw. das SSL nicht kannte. Statt dessen liess er mir nach Art eines Gentleman den Vortritt, als wir beide die wieder freie Schleuse betraten.
Vor dem Gericht standen etliche der SBÖler in einer Gruppe zusammen, und als Erika mich herauskommen sah, warnte sie die anderen erneut (oder immer noch?) vor der Bösen vom Sonnenstaatland. Da die Pausenzeit relativ knapp bemessen war, beschloss ich, mit dem Tram zum Jakominiplatz zu fahren und mir an den dortigen Snackbuden etwas zu holen. Während ich an der Tramhaltestelle wartete, die sich etwas abseits des Gerichtsgebäudes befindet, sah ich Enöckl auf mich zukommen.
Er fragte vorsichtig, aber ernsthaft: “Sind Sie die Tochter von Monika Unger?”
Also, das hatte ich jetzt wirklich nicht erwartet. Wobei, ein bisschen geehrt fühlte ich mich mit meinen mittlerweile 729 Lenzen schon, dass jemand es für möglich hielt, ich sei noch keine 20. Denn müsste Monis Tochter jetzt nicht circa 17 oder 18 sein?
Natürlich verneinte ich sogleich und erzählte ihm, dass ich vom Sonnenstaatland sei und dass es sich dabei um eine Community handelt, die sich mit dem Phänomen befasst, das – so formulierte ich etwas vorsichtig – in Deutschland Reichsbürger, in Österreich Staatsverweigerer genannt wird. Nun sei ich für einen Tag hierher gekommen, weil mich der Prozess sehr interessiere.
Ganz anders als Erika wirkte Enöckl durch diese Angaben kein bisschen schockiert oder ablehnend. Man kann ganz normal mit ihm reden und er ist freundlich. Ich fragte ihn, ob er sich auch am Jakominiplatz etwas zu essen besorge, doch er wollte lieber im Supermarkt um die Ecke etwas einkaufen, und da das Tram gerade eintraf, wünschten wir uns noch guten Appetit und ich holte mir erst mal eine Stärkung.
Mit einem Eisbecher kehrte ich schliesslich zum Gericht zurück und sah Enöckl auf einer der Parkbänke sitzen, auf denen ich 2018 zu Mittag gegessen hatte. Er sagte, ich könne mich ruhig zu ihm hinsetzen, was ich gerne tat.
“Wie geht es Ihnen?” fragte ich ihn.
“Gut”, sagte er. Er fühle sich gut und sei mit sich im Reinen.
Seine erste Frage von vorhin aufgreifend, meinte ich, Monis Tochter müsste doch erheblich jünger sein als ich. Dem stimmte er zu, meinte aber, es könne ja schon sein, dass jemand nach einigen Jahren um einiges grösser und älter wirke. Er habe Monis Tochter nun seit mehreren Jahren nicht gesehen, und vom Gesicht her sähe ich ihr durchaus ähnlich. (Das war dann für mich wohl die Erkenntnis des Tages.)
Zu Moni bemerkte ich dann, dass sie mir leid tut wegen der schweren Krankheit, die nun bei ihr ausgebrochen ist. Gegen die Angeklagten in diesem Prozess würde ich keinen Hass empfinden oder ihnen etwas Schlechtes wünschen – “Das soll man allgemein nicht”, meinte Enöckl dazu, und da gab ich ihm natürlich recht. Ich erzählte ihm dann noch etwas genauer, was ich hier tat – dass ich einen Prozessbericht für das SSL schreibe und darin auch erwähnen würde, was wir hier gesprochen hätten, vorausgesetzt, es mache ihm nichts aus – ich wollte einfach, dass er das wusste. Er sagte, das sei in Ordnung und war einverstanden, dass ich ihm ein paar Fragen stellte.
Während wir da so plauderten, traf eine Gruppe SBÖler beim Gericht ein, darunter auch die liebe Erika.
“War ja klar, dass du mit der vom Sonnenstaatland zusammensteckst!” rief sie Enöckl von weitem zu, wurde aber von uns nicht weiter beachtet.
Auch ihm gegenüber erwähnte ich, dass ich auf eigene Rechnung hier war, weil mich diese Verhandlung einfach interessiere. Mit Blick auf Erika sagte ich dann noch, dass ich anders, als manche glauben, zu Hause einer gewöhnlichen Lohnarbeit nachgehe. Auf seine Frage nannte ich ihm sogar meinen ungefähren Beruf. Als er allerdings Näheres wissen wollte, erklärte ich ihm, wieder auf Erika verweisend, dass ich lieber keine zu konkreten Angaben zu mir machen wolle, da manche der Anwesenden – natürlich meinte ich nicht ihn selbst – doch eher aggressiv wirkten. Dafür zeigte Enöckl Verständnis.
Dann fragte ich ihn, wie er denn heute zum SBÖ stehe. Er sehe heute ein, dass das nicht funktioniert habe, sagte er. An der Wahrheit sei er nach wie vor interessiert. Auf meine Frage, ob denn der SBÖ für ihn die Wahrheit sei, meinte er: vielleicht ein Teil der Wahrheit. Er wolle halt einfach, dass die Menschen ihre Menschenrechte wieder erhielten, und das sei ja derzeit nicht der Fall. Auch auf die Mainstream-Medien war er nicht gut zu sprechen: Die hätten 2018 bei allen Angeklagten über deren Befragung bei Gericht berichtet ausser bei ihm, und das liege daran, dass er sämtliche Vorwürfe des Staatsanwaltes entkräftet habe.
Ich überlegte, ob ich ihn auf die Aufzeichnungen ansprechen soll, die ja laut StA bei ihm gefunden worden seien, aber das wagte ich dann nicht.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs sprach Enöckl über seine Überzeugung, dass Österreich ja keine Verfassung habe und kein Staat sei, vielleicht eher so etwas wie eine “Firma” – das altbekannte Gedankengut also. Natürlich erwähnte ich dann das Bundesverfassungsgesetz, aber das sei ja eben ein Gesetz, keine Verfassung, meinte er. Nach wenigen Versuchen, ihm den Gedanken näher zu bringen, dass es nicht auf die Benennung ankommt, beliess ich es dabei. Doch ich sagte ihm auch, dass wir uns in dem Punkt wohl nicht einig würden – wobei ich sogleich klarstellte, dass ich es ihm nicht übel nehme, wenn er da anderer Meinung sei (einem solchen Irrtum anzuhängen, ist ja keine Straftat; wäre es 2015-2017 nur dabei geblieben, wäre er jetzt nicht angeklagt). Er schien es mir ebenfalls nicht übel zu nehmen, dass ich dem SBÖ-Gedankengut kritisch gegenüberstehe. Wir gingen dann wieder ins Gericht, da wir ohnehin eher spät dran waren, und ich wünschte ihm noch alles Gute für den weiteren Verlauf des Prozesses.
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